Dato: 26. august 1862
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

164 Andersen an Carl Alexander

Montreux 26 August 1862.

Mein hoher, edler Großherzog!

Bevor ich Schweitz verlasse, wo ich nun einen Theil des Sommer zugebracht habe und wo aus ich über die Pyrenäen in Spanien hin ein zu gehen beabsichtige, ist es ein Drang für mein Herz an Ew: Konigliche Hoheit zu schreiben. Ich weiß daß Sie einen Brief gütig und gnädig aufnehmen und mir Ihre gnädige Theilnahme gönnen. Es ist mein Wunsch den Winter in Spanien zu zu bringen, Barcelone, Valencia, Granada &, und hoffe ich irgend eine Dichtung worin das schöne Land sich abspiegelt, mit nach Hause bringen zu können. Von meinem vorjährigen Auffenthalt in Italien und Schweitz schreiben sich namentlich die beiden Märchen "Psycke" und "die Eisjungfrau", welche in meinem Vaterland ein großes Publicum gewonnen haben, und in Deutschland, wie es scheint, auch beliebt sind, indem schon drei Ausgaben derselben erschienen sind; daß ein Exemplar davon, das ich unlängst abgeschickt habe, in Ew: Koniglichen Hoheit (eingefügt: Hoheit) Händen ist, darf ich hoffe, wie auch, daß diese Dichtung dazu beitragen werde Ihr Interesse für mich zu bewahren. Im letzten Winter in Kopenhagen hatte ich herliche musikalische Abende; die berühmten Geschwister Neruda aus Mähren, erweckten da die höchste Begeistrung, insonderheit die ältere / Wilhelmine. Mit dieser war ich oft zusammen, so, zum Beispiel, in einem engeren Kreise bei der Prinzessin Anna, auch Dreyschock und Rubinstein waren da; ich hörte zum ersten Mal die Prinzessin spielen, sie hat ein bedeutendes Talent, ihr Sinn für Musik ist geschätzt unter Allen die das Glück haben sie zu kennen. In diesen Winter war ich da einigemal, mit Ihr und mit dem Prinzen sprachen wir natürlicher immer von Ihnen, auch habe ich ihr die letzten Märchen vorgelesen, theils bei der Königin Witwe, theils bei der Prinzessin (soll heißen: dem Prinzen) Christian von Dänemark. Rubinstein verweilte ein Paar Monate in Kopenhagen, und hat sich da sehr wohl gefühlt, er arbeitete an einer neuen Oper.

In diesem Winter empfing ich übrigens sowohl zu Hause als von Auslande sehr auf munterende Beweise von der Eindruck, den meine Märchen gemacht haben. In Kalcutta haben einige Engländer veranlaßt, daß junge Hindus die der englischen Sprache mächtig waren, aus dieser in die Landessprache verschied(ene) Schriften übersetzten um die Hinduen ei(nen) Begriff von der Litteratur des Westlandes zu geben; von diesen Schriften, schreibt man, haben Andersens Märchen, namentlich "die Geschichte von einer Mutter", besonders gefallen. Ich hätte doch nie geglaubt das zu erleben, daß meine Märchen, selbst in Kalidasas Vaterland Eingang finden sollten, daß ein Märchen / aus dem Norden bis zum ursprüngliche Orte der Märchen hinkommen sollte. Es ist mir wie ein eitler Traum. Möge Gott mir nun Licht und Kraft verleihen etwas Wahres, Gutes und Neues von Alhambra und Sevilla zu schreiben. Wenn ich dann einen von diesen Orten bin erlaube ich mir wieder an Sie, edler Fürst, zu schreiben, Sie sind mir unvergeßlich, Sie leben in meinen Gedanken wie in meinem Herzen. Darf ich hoffen, daß Ihr Königliche Hoheit der Großherzogin sich meiner noch erinnert. Mit der innigsten Ergebung

H.C. Andersen.

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen