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Dato: 20. juni 1830
Fra: Ludolph Schley   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Liebau d/20. Juny 1830

Mein Andersen!

Über unsern Briefwechsel herrscht ein eigenes ungünstiges Schicksal, das sich mächtig bemüht, die teuren Bande welche unsre Herzen und Gefühle vereinigte zu zerreißen. Es soll ihm indessen nicht gelingen, habe ich doch einen neuen Haltungsgrund in Ihrem lieben Briefe vom 20. März , der endlich nach langem Hoffen und bangem Harren in meine Hände gelaufen ist,und mich anderseits vermuthen läßt daß nun auch mein Brief vom 5. April bei Ihnen eingegangen, und Sie überzeugt hat, mit wie inniger Lieber und Anhänglichkeit ich immer Ihrer, und Ihrer Liebe gedenke. Es ist wohl traurig, daß ein paar Menschen die sich binnen kurzer Bekanntschaftszeit so lieb gewonnen, wie wir uns gegenseitig, vom Leben bestimmt seyn sollen ihre Tage fortwährend entfernt von einander zuzubringen aber in dem Gedanken an diese Liebe selbst liegt viel Erhebung und viel Trost, und in der gegenseitigen brieflichen Mittheilung eine nicht zu erschöpfende Quelle des Gemüthes. Ausserdem, hat eine Verbindung, die nur durch schriftliche Bothen besteht ein eigenes poetisches Gewand; denn nicht leugnen lässt sich daß in dem gewöhnlichen Umgangsleben manche Seite berührt, manche Mängel aufgefaßt werden, die das Ideal der Freundschaft nicht auf den Höhen des Daseyns zu erhalten vermögen. die reine Flamme setzt denn manchen Ruß an, der sie allmählich verdüstert, und am Ende ganz erstickt; wie anders, wie ganz aners wenn die Fremde unsre Sehnsucht ewig wach erhält, und unser Herz verlangend den Boten der zärtlichen Anhänglichkeit entgegenschlägt, die der treue geliebte Freund uns über das Meer zusendet. - - - Ich schwelge jetzt noch einmal in dem Genusse der Lectüre Ihres letzten Briefes, diesem schönen Abdrucke einer schönen, für das Wahre hochglühenden Seele, und labe mein durstiges Herz an den vielen herzlichen Ausbrüchen der Liebe die darin für mich niedergelegt sind. In dieser Freude empfinde ich doppelt den Schmerz, das so viele Briefe von Ihnen verloren gegangen sind, denn seit vorigen Sommer, da Sie / mir Ihre Ausflucht aufs Land meldeten bis zu diesem Briefe vom 20. Märts habe ich gar nichts von Ihnen gehört - demzufolge ist auch Ihre Fußreise aus Amager noch immer mir unbekannt, und bitte ich Sie dringend mir diese mit der ersten Gelegenheit zu senden. - Wollen Sie das Ihre für mich bestimmten Sachen den Umweg über Elseneur nicht nehmen sollen so schlagen Sie ein zweites Couvert darüber, und schreiben darauf Herr Consul Jacob Harmsen , Liebau und liefern dies an Herr J. H. Wederhöe. Klostergaden, im Hause seines Vaters 3dje Sal??? dieser Herr ist der dortige Geschäftsführer unsres Hauses, und mit allen Gelegenheiten genau bekannt - Am liebsten ist es mir aber, wenn Sie Ihre Briefe unfranciert auf die Post geben, und zwar unter der einfachen Addresse Ludolf Schley Liebau in Curland. - dann empfange ich sie immer am sichersten und brauche nicht so lange und so schmerzlich wie jetzt nach Nachrichten von Ihnen zu darben, schicken Sie mir aber ja alles was von Ihnen herauskommt, ich betrachte jedes einzelne Stück als ein theures Vermächtnis von Ihnen, und schätze es als ein solches. - -

Mit innigem Vergnügen bin ich dem historischen Faden Ihres Briefes gefolgt - und Gottes unendliche Gnade, die wunderbar leitet und führt, hat mich aufs tiefste dabei durchdrungen O Andersen, er hat großes gethan an Ihnen, er hat den armen verlassenen, umherirrenden Knaben durch überschwängliche Güte auf einen Platz gestellt, an dem dieser nun ein neuer Verkündiger seines Ruhmes und seiner Herrlichkeit werden kann! - O mein theurer, theurer Freund! - Vergessen Sie das nimmer ihr Haupt und ihr Auge suche den Himmel und seine Sternenkränze, aber ihr Herz bleibe fromm, kindlich und demüthig, damit die Liebe nicht von Ihnen weiche, und die Welt von Ihnen mit Recht sage; - er wandelt auf dem Wege des Herrn, und fürchtet ihn in seiner Seele. - Mit Ihrer Kraft, mit Ihrem Geiste werden Sie nicht ruhen, noch / stehn bleiben, Sie werden vorwärts streben wie es des fessellosen Geistes Zard??? und Bestimmung ist - immer vorwärts und keine, selbst nicht der Ihnen gleiche, wird Ihnen zu sagen vermögen, wo das Ziel seyn wird - Mein Wunsch spricht, möge es der Sonne und der Wahrheit am nächsten, und auf einem Platze seyn, wo der Kranz in Ihren Locken nicht allein leuchtet und strahlt, sondern auch wärmt und beschattet. - -

Die Zeitungen der komischen und tragischen Muse (wenn ich sie so nennen darf) Dänemarks, haben in Ihrer Erzählung vom Freund, einen ganz eigenen Reiz - Hauck hat sich mit seinen Dala Lamaismus gewaltig die Finger verbrannt, und hätte klüger, viel klüger gethan, wenn er Heibergs Recension ruhig gewährt hätte. So scheint es mir fast als sey er in einen Bienenkorb gerathen, wo er jämmerlich, aber nicht unverdient wird gestochen werden. Indessen ist es mir doch gar nicht lieb, daß auch Sie in diese Fehde gezogen sind denn wenn auch gleich Ihr Name dadurch verbreiteter wird, so wird er doch nichtsdestoweniger manchen Feind und Neider der über kurz oder lang Ihnen gerüstet entgegen tritt, und Sie zum neuen Streite aufmahnt. - daß Sie den mit Hauck, da er Sie persön- lich angriff, nicht ausweichen konnten, sehe ich genug doch bitte ich Sie dringend in Ihren Antworten immer nur die Sache selbst zu berühren, und die Persönlichkeit des Gegners ganz aus dem Spiele zu lassen, der von Ihrem Bogen fliegende Pfeil schnellt sonst immer auf Sie selbst zurück. Versäumen Sie indessen nicht mir das Ende dieses Streites mitzutheilen, er interessiert mich Ihretwegen sehr.

Ihre litterarischen Neuigkeiten las ich gern, ich bin in diesem Augenblicke so weit geschieden von dem was in dies Gebiet schlägt daß ich mit Heißhunger verzehre, was mir davon geboten wird. Fahren Sie also ja fort mit Ihren Berichten auf diesem Wege. - Sehr freut micht die nähere Beschreibung des vergnüglichen Lebens, das Ihnen jetzt die Gegenwart bietet; - genießen Sie es recht aus dem Grunde, der Jugend gehört die Freude und der Genuß wenn der Schnee des Alters in unseren Haaren liegt, können wir höchstens / uns noch freuen der Erinnerungen. Das Fest beim Justizrath Wiborg hat mich sehr ergötzt, an solche fröhlichen Erhebungen denkt man hier leider nicht; - sonst würde auch ich mich gern darin umhertummeln bei Wulffs hätte ich Sie gar gerne in der Bärenhaut schwitzen sehn, nur schade, daß die Folgen so übel waren, und Sie erkrankten, - Sie sind doch jetzt ganz wieder hergestellt nicht wahr? Beruhigen Sie mich bald darüber. - Die Landluft, und vor allem die regelmäßigere Lebensart dort wird Sie ja ganz wieder auf die Beine bringen; Gott gebe das, und Ihnen einen fröhlichen heiteren Auffenthalt im grünen, und recht regen Thätigkeitssinn meine besten Wünsche begleiten Sie.

Ihre Idee einen Cyclus der besten dänischen und schwedischen Arbeiten deutsch herauszugeben habe ich lange selbst mit grosser Vorliebe genährt, und vor 4 Jahren, da wir mehr Muße und bereits Im ersten Band solcher Bearbeitungen, unter dem Titel, schwedische Dichtungen ans Licht treten lassen; ich glaube Sie besitzen dies Buch selbst. - jetzt fehlt mir leider die Muße, denn meine Berufsgeschäfte füllen meine ganze Zeit und geben mir nur wenig Raum mich mit andern Dingen zu befassen, doch kommt späterhin die Zeit dazu wohl, und denn läßt sich mehr darüber reden, senden Sie mir indessen Boges Gedicht Kirkeklokken mit der nächsten sich darbietenden Gelegenheit.

Ihre Gedichte habe ich mit grosser, grosser Freude gelesen und mich innig, und recht brüderlich des schönen, Ihnen von der Natur verliehenen Talentes gefreut. - Es hat schon herrliche Blüthen getrieben, und mir, wie gewiß vielen andern, eine schöne Stunde verschafft. - Einige darunter sind unendlich anziehend, - Soldaten, Martsviolerne og Holger Danske haben micht entzückt, und alle drei werden gewiß von mir übersetzt damit auch andre, die nicht dänisch können, sich daran freuen that Vecint und Recensionen, auch klintekorset paa Moen, sollen dann später folgen; auch Sie sind voll von ächten poetischen Schönheiten, und machen mich doppelt begierig auf die Fort- setzungen, Ihrer Oper und Ihren ferneren Gedichte, von / denen Sie mir alle, sage alle senden müssen; sehe ich diesen mit großer Sehnsucht entgegen. Märtsviolerne ist ein unendlich zartes Gedicht, wie viele Thränen mögen darauf schon gefallen seyn, und wie viele noch fallen - ich danke Ihnen insbesondere für diese schöne Arbeit namens der Kunst, der dies Gedicht ein vollendetes Opfer ist. - Mein nächster Brief bringt Ihnen gewiß die Uebersetzung. - - -

Von meinem eigenen Leben läßt sich wenig sagen es bewegt sich ohne großen Wechsel innerhalb der engen Grenzen der Alltäglichkeit, und ist arm an bewegenden Ereignissen, keineswegs aber an kleinen Freuden die das daseyn erheitern und schmücken. - Manches treue Freundesherz schlägt mir hier, und Liebe und Achtung begleiten mich. Das ist alles was man von einem so bürgerlich einfachen Leben wie das Meinige eines ist, erwarten und fordern kann; - die letzten Nachwehen der langen Winterkrankheit, verschwinden nun auch allmählich, und eine Frühjahrswonne, der ich jetzt unterworfen bin - soll das letzte zur Wiederherstellung thun; denn, so wollte es der Arzt sollte ich einen Monat auf dem Lande zubringen, und mit dem Ende des July das Seebad benutzen, um die geschwächte Kraft wieder herzustellen; auf die Landfahrt freute ich mich vorzüglich. 22 West von hier, liegt in paradiesischer Gegend der Landsitz Techen, zugehörig einer mir sehr befreundeten Familie des Baron Koff. - Dort sollte jener Monat in jubelnder Schwärmerei und wohligem Selbstvergessen zugebracht werden. Aber leider ward der schöne Plan zu Wasser, denn mein Consul verlor vor 4 Wochen seine sehr geliebte Gattin, und um in seiner herben Trauer sich den Gegenständen zu entreißen, die ihn stündlich nur an die Verlorene mahnen hat er Urlaub genommen und ist in die böhmischen Bäder gereist. Ich bin dadurch mit Berufsgeschäften überhäuft, und werde micht jetzt schon freuen müssen, wenn ich späterhin nur die freien Stunden / zum regelmäßigen Bade gewinnen kann. Es waren überhaupt manche schönen Pläne für diesen Sommer ausgemacht, von denen keiner zur Ausführung kam. So sollte bei Veranlassung der Vermählung der Erbtochter eines großen curländischen Hauses, das der Freiherrn von Rönne vom 1sten May auf dem Schlosse Hasenpoth 7 Meilen von hier; - ein von mir gedichtetes Haubenspiel (die einzige poetische Arbeit die ich seit meinem letzten Brief geschrieben habe) aufgeführt werden - Es war auf das vortrefflichste besetzt. Tilania, Gräfin Natalie Lambsdorf 3 Genien als Glaube, Fräulein Byserane??? Kreuz (die Tochter der im letzten Türkenkriege so berühmt gewordenen General diesen Namens; Liebe: Frau von Grothuß. Hoffnung: Fräulein Aida de Korff. Ein Wahler, ich, ein Sänger, Herr von Groshufe??? - 1 Hirte Herr von Seefeld-Törning. 2ter Hirte Herr v. d. Ropp - 1. Hirtin Fräulein Rönne (die Schwester der Braut) 2t. Hirtin Fräulein von Osten-Sacken - das Stück war vortrefflich einstudirt, Decoration und Garderobe auf das Reizenste und Prachtvollste angeschafft - kurz alles versprach den wünschenswerthesten Erfolg - da entspann sich ein Zwist unter ein paar von den Mitspielenden und das ganze ging darüber aus einander. Auch ein beabsichtigtes Liebhabertheater, das zum besten der Armen während des Pfingstfestes in Hasenpoth spielen sollte, und wofür ich mich sehr lebhaft interessierte, zerschlug sich zu meinem großen Leidwesen. Dagegen war ich während der Dauer dieses schönen Festes in Tumalam (so nennt unser Freundeskreis Tichen, und unter Nachtigallenschlag und Blüthenhüften feierten wir 4 Tage lang feste so wie sie das elegische Alterthum wohl nur geboten hat - ich war in jenen schönen Tagen viel mit meinen Gedanken bei Ihnen. - Doch genug geplaudert; das Pappier geht zu Ende, ich muss schließen. - Leben Sie wohl für diesmal, mein Theurer, theurer Andersen, leben Sie recht wohl, Gott sey mit Ihnen und mit mir. Ewig Ihr Ludolph Schley Ich adressirte neulich einen Bekannten an Sie Herr Henkhusen - haben Sie ihn kennen gelernt und ist er noch in Ihrer Nähe ich höre er soll dort krank seyn) so geben Sie ihm diese Einlagen sonst schicken Sie sie mir gelegentlich zurück.

Tekst fra: Markus Wagner (KB affoto 5783-89)