Dato: 16. marts 1832
Fra: Ludolph Schley   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Mein Christian!

Der dumme Schiffer, der mir deinen letzten so lieben Brief vom 18. Februar mit der Reise durch Amager und anderen Beilagen brachte, hat mir alles erst gestern Abend abgegeben, nachdem er schon 8 Tage hier war, nur habe ich nicht ein- mal die Zeit diese lieben Zeilen wieder mit ihm zu beantwor- ten, sondern muss es auf´s Gerathewohl ankommen lassen, ob dieser Brief über den ich mich wie sagte ich mehr, noch mit ihm fortkommt oder nicht, ich hoffe es indeß, und wünsche es noch mehr. Für alle die lieben Wünsche, die dein theures Schreiben mir bringt, sage ich dir den herzlichsten Dank, ich will ihn mündlich wiederholen, so wie ich dich sehe, wozu mir die Hoffnung nahe liegt, denn nach langem entbehren, will ich mich in diesem Jahre losreissen, und in der Heimath alle meine theuren Verwandten, alle meinen lieben Freunde besuchen. Liegt von hier aus eine…. ….. …. (geknick - unlesbar) verheiratet ist, und während der schönen Jahreszeit auf dem Lande in der Nachbarschaft lebt, denn über Kiel zu dir, Andersen. wo du seyn magst, auf Fuer oder in Seeland, in Copenhagen oder Sorre, ich suche dich auf, um ein paarTage mit dir zu leben und zu schwärmen; am liebsten träfe ich dich in Copenhagen selbst, oder wenn es möglich wäre schon bei meiner Schwester in Hamburg, unter deren gütlichem Dache wir auch Raum genug für unsre Freunde haben würden, und wohin du ja auf irgend eine Weise leicht gelangen könntest - Im Maj will ich Liebau verlassen, doch schreibe ich dir darüber noch näher gieb mir derweile eine sichere Addresse auf, unter der meine Briefe dich jedenfalls treffen, und sage mir zugleich bestimmter wo du den Mai, Juny & July zubringen willst / willst, unter allen Umständen suche ich dich auf, denn viel liegt mir auf der Seele worüber ich mit dir ausplaudern möchte. Deine Sehnsucht nach Italien hat mir alle meine Wünsche für die Reise dahin wieder rege gemacht, ich sehe die Möglich- keit, daß wir sie im nächsten Jahre zusammen machen können, vorausgesetzt, daß du mich zum Reisecumpan willst. Wie gefällt dir der Vorschlag, nicht wahr, er läßt sich überlegen, sein Gegenstand ist aber keiner für einen Brief; er muß ausgesprochen werden, damit wir darüber ins Klare kommen. Die Schwedenbraut ist nun hinaus, und folgt hierbei, wie gefällt dir die junge Dame? In Ihrer jetzigen Gestalt kennst du schwerlich ihren schwedischen Ursprung wieder, denn sie ist oft deutsch geworden, hat auch viel Freunde gefunden, und sich man- cher lobenden und empfehlenden Resension zu erfreuen gehabt, ja man hat es sogar öffentlih bedauert, daß sie nur einem Privatkreise angehören und nicht im Buchhandel … … … … (geknickt - unlesbar) … die ganze Herausgabe meiner Arbeiten, die nun in 6 Bändchen rasch auf einander folgt, wird eigentlich auf meine Kosten besorgt und nur in einzelnen Exemplaren guten Freunden abgelassen. Druck und Pappier ist schön, auch das Ganze würdig ausgestattet sage mir deine Meinung darüber. Nun liegt der 2t. Band, der meinen Cyclus kleinerer Gedichte enthält unter der Presse, der 3te mit ebensolchen, und einer Sammlung von Gelegenheitsgedichten folgt dann, beide sollen noch ans Licht treten, ehe ich hinausfliege. Ueber die Arbeit selbst brauche ich dir wohl nur wenig zu sagen. Fleiß genug ist davor verwendet, die Reinheit der Verse, der Vollklang der Reime - wird dich am besten davon belehren. Daß ich das Original Tegners Art, nach dem es bearbeitet ist, willkürlich veränderte lag in meinem Plane; ja ich mußte es sogar, denn meine augenblickliche Stellung hier / hier in einer russischen Stadt legte mir schon die Rücksicht auf, alle die Stellen wegzulassen, oder zu verändern, die über Russland herfielen, auch liebe ich im Liede, Nationalfest und seine Auswüchse nicht; - von oben stammt das Licht des Liedes, - und von oben kann nur Segen kommen und Friede, wenn der Sieger, der eine Himmelsweisung in seinem Busen trägt dem Feinde, (den er nicht einmal haben sollte) fluchen will, was sollten dann erst die anderen thun, die unter ihm stehen! Dies zur Berichtigung für den der das Original kennt, und sich über die Veränderungen wundern sollte, mein eigenes Herz hat sie mir eingegeben, ich habe dem russischen Lande nichts zu danken, gar nichts, und stehe ganz unabhängig in ihm da, bestechen hat mich also nicht können, auch wirst du wohl von deinem Freunde die Meinung haben, dass er sich von Niemandem bestechen lasse. Die nächsten Bände bringe ich dir wahrscheinlich selbst. Ich freue mich auf den morgenden Sonntag, der mir die Muße bringen wird, deinen inhaltsreichen Brief, und alles übrige, was du mir sandtest so recht con amore noch einige male durchzulesen dein sterbend Kind, steht unter meinen Arbeiten in ganz andrer Gestalt wie in dem deutschen Blatte, das du beilegtest, und wie ich mir schmeichle, durch die neue Bearbeitung in einer viel schöneren, schade, daß es schon auf diese Weise in´s Publicum ge- kommen ist, mir wäre lieber gewesen, wenn man es erst aus der späteren Umarbeitung kennen gelernt hätte. Ich danke dir für deine Gefälligkeit mich in der Copenhagener Gesellschaft der Alterthumsforschung auzumelden und nehme dein Anerbieten an. Sage mir ob die 50. Taler beim Eintritt bezahlt werden müssen, und an wen, und ob ich dich mit der Bitte beschwerlich fallen kann, die Zahlung für mich zu besorgen, ich werde dann sogleich dir auf ein dortiges Haus die Summe anweisen. Die Werke, welche die Gesellschaft herausgiebt, behalte ich alle gern, sie schlagen vorzugsweise in das Fach, das ich mir zum Lieblingsstudium gewählt / habe, und in dem ich alles sammle, was davon erscheint. Deine litterarenen Nachrichten las ich mit ungetheiltem Interesse, sie sind die einzigen, welche mir aus der Heimathwelt zukommen, und deshalb doppelt willkommen. Fahre ja fort damit, vor allem rede, immer recht viel von deinem eigenen Thund und treiben, vorzüglich von deinem geistigen Leben, und deinen Leistungen in der Kraft, die dich nun einmal schon an deiner Wiege zum Richter gemacht hat. Mit Ungedüld sehe ich darum auch der Ankunft des Capitan Munk entgegen der mir deinem Versprechen zufolge, die letzten deiner Geisteswerke bringen wird, gieb ihm ja alles, was von dänischen. Ich habe die Absicht von Copenhagen nach Schweden bis Gothenburg, wo ich viel Freunde und Verwandte habe - zu besuchen, aber Stockholm, das mir zu weit von dem Wege liegt diesmal nicht zu besühren. Vielleicht fliegst du mit mir hinüber, und siehst bei dieser Gelegenheit, die herrlichen Wasserfälle von Trodhätte, die nur 9 Meilen von Gothenburg liegen, es lohnt sich wahrlich der Mühe, denn wie oft ich sie auch sah, ich stand niemals vor ihnen ohne einen ehrfurchtsvollen Schauder

Wenn du mir Pakette sendest, theurer Freund, und in diese einen Brief für mich legst, so versiegle ihn immer besonders; es geschieht häufig, dass ich, des Zolles wegen, die Pakette geöffnet erhalte, und wenn ich dies auch nicht verhindern kann, so will ich wenigstens vermeiden dass keine anderen ungehörigen Augen die Briefe lesen welche du für mich geschrieben hast. Ich sehe bald neuen Nachrichten von dir entgegen vor allen, die über deinen Auffenthalt im Sommer, damit wir uns nicht verfehlen, sonst ginge mir ein großer Theil des Vergnügens meine Reise verloren.

Ich umarme dich

Ludolf

Tekst fra: Markus Wagner (KB affoto 5817-17)