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Dato: 11. juli 1832
Fra: Ludolph Schley   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Libau d. 11./23. July 1832

Mein teurer Freund!

Ich habe meine Hoffnungen und meine Freuden, die ich an das Wiedersehen meiner Heimat und meiner Freunde knüpfte zu Grabe getragen, mein Christian, das Schicksal wollte mir das langentbehrte Vergnügen nicht gönnen, oder vielleicht vor Leiden bewahren, die es als Folge dessen für mich voraussah; ich beuge mich unter seinem Machtspruche, und frage ruhig, was sich nicht ändern läßt, obgleich es schwer wird, mitunter mehr wie schwer. Höre den Verfolg der Ereignisse. - Acht Tage vor Pfingsten war ich abgereist; bei dem köstlichsten Wetter, in der, in diesem Jahre zwar spät, aber desto schöner erwachten Natur, flog ich laut jauchzend davon, als sey ich nach langer Haft befreit aus engen Kerkerwänden und könne nun mit Lust die entfesselten Flügel regen; ich schwärmte wie ein 15Jähriger Knabe, alles regte, lebte und jubelte in mir, so ging´s davon, rasch vorwärts, nur vorwärts, denn nicht eher, als in Dresden sollte Halt gemacht werden; aber nur bis Königsberg kam ich; dort ereilte mich ein von hier aus nachgesendeter Courier, der mir die Nachricht brachte, dass ein Freund, der meine hiesigen Geschäfte und Obliegenheiten während meiner Abwesenheit besorgen wollte, am Tage meiner Abreise mit seiner ganzen Begleitung ertrunken sey, und dass ich deshalb sogleich nach Hause zurückkehren müßte, da blieb kein Bedenken, ich schrieb ein paar flüchtige Zeilen an meine mich in Hamburg erwartenden Schwestern, nahm Courierpferde und war am 3ten Tage wieder hier, - frage nicht, ob es leicht geworden ist um zu kehren, und alle die schönen Hoffnungen hinter mir zu lassen, die so lange Zeit mir vorschwebten; es musste geschehn die Pflicht forderte es, und so gebieterisch, daß ich mich nicht gegen sie auflehnen mochte, blutete auch das Herz aus tausend Wunden bei seiner Erfüllung - hier angekommen fand ich Arbeit / Arbeit die Fülle, und konnte nicht daran denken mich mit meiner Privatcorrespondenz zu beschäftigen, es schien mir auch für den Augenblick nicht nothwendig, da ein Copenhagener Freund, Herr S. H. Wedersoe hier war, der bei seiner bald darauf erfolgten Zurückreise mir das Versprechen gab, dich persönlich aufzusuchen, und dich von den Verhältnissen zu unterrichten, die meine Fahrt zu den Meinigen verhinderte. Er hat dies wohl gethan-, mein theurer Freund, und dir zugleich in einem Blumengewinde, das ich ihm für dich gab, eine kleine Erinnerung von mir gebracht; - H. Wedersöe hat mir versprochen fortan den Mittelsmann zwischen uns zu machen, und an jeden von uns, das zu befördern was der andre giebt, alle Sendungen, die ich demnach für dich nach Copenhagen mache, werden fortan, an ihn addressiert, mache du es eben so, nichts kann verloren gehen auf diesem Wege. - Ob Herr Wedersöe dir gefällt, sagst du mir wohl aufrichtig; willkommen wird sein Besuch dir gewiß seyn, denn er wird viel zu erzählen haben von seinem Auffenthalte hier und von mir mehr wie ein Brief dir sagt, und einem Briefe anvertraut werden kann. Lass seine Erzählungen dir einigen Erfolg geben für das gehörte mündliche Zusammentreten, es wird nun lange dauern ehe und bevor sich die Verhältnisse so gestalten, das ich wieder an eine Hinausflucht denken kann, möge ein recht häufiger Gedankenaustausch mir für diese verloren gegangenen Ansichten und Hoffnungen einige Entschädigung geben! - Von meinem geistigen Leben kann ich dir wenig melden; Berufsgeschäfte nehmen meine Zeit dermaßen auf, daß ich wenig Muße übrig behalte, zumal jetzt, da ich zwei mal täglich das Seebad benutze, und den mit Badegästen überfüllten Ort über dem gegenwärtig ungemein viel Abziehungen darbietet schwerlich würdest du auch diesen Brief bekommen haben, hätte mir / hätte mir nicht die letzte Hamburger Post die Briefe zurückgebracht, welche du dorthin für mich richtetest, sie athmeten so eine Liebe, so viel fröhliche Erwartung mich wieder zu sehen, dass ich unmöglich wiederstehn konnte; ich schaffte mir Muse, und so sind dann diese Zeilen entstanden, die der erste von hier abgehende Segler, dir überbringen soll mögen günstige Winde sie bald in deine treue Hand legen. Wie geht es dir Christian, hast du den Sommer über im freien geschwärmt, oder in dunklen Mauern zugebracht? Ich hoffe das Erstere denn nur dort führen Geist und Herz ein doppeltes Leben und geben dem Menschen Raum, sich in allen seinen Zweigen zu entfalten. Was hast du geistiges Geschafft, was aus den Fundgruben deines Innern hinaustreten lassen in´s Leben, dir selbst zur Ehre und deinen Freunden und Anhängern zur Freude und Bewunderung. Ein Geist, wie der deinige kann nicht lange dichte halten, seine freien Stunden selbst treiben Blüthen, die freundlich hinausleuchten ins Leben, und die Seelen anziehen, als wären es wilde Sternbilder. Gieb deinem Freunde Rechenschaft; es drängt ihn ohnehin von dir zu hören, bald, hörst du Christian, recht bald. - Hast du etwas zeit bar, so sende es mir durch Wederoe sogleich, mir darf nichts vorbei gehen, von dem, was du schaffst, denn ich habe Theil daran, und fordre mit Recht mein Eigenthum zurück. Was micht betrifft, so mache ich mich, sobald ich einigermaßen zur Ruhe gekommen bin an die Herausgabe des 2ten Bandes meiner Arbeiten, der wie ich dann auch hoffe, im September noch erscheinen und dann gleich über das Meer zu dir wandern soll; Er wird nur kleine Gedichte enthalten, und mit manchem früheren Bekannten dir entgegentreten. Was sagst du zu den Gährungen in der politischen Welt? Ich denke über das was kommen wird, werden wir alles das vergessen, was wir erlebt haben, denn die Zeichen sind gewaltig drohend. Wird Krieg, so wird er grauenvoll, denn es sind Meinungen, die sich bekämpfen und diese sind oft grausamer und bluddürstiger, wie die Raubthiere der Wüste; denke an den Menschen in seinem Wesen.

Frey dein Ludolph

Herr H. C. Andersen

Copenhagen store Kongensgade #33 3ter Sal

Fra Helsingor d. 1. Sept.

1832 von

Deres Ærb.

L. Lindberg 24 - 4

Tekst fra: Markus Wagner (KB affoto 5818-21)