Dato: 21. marts 1846
Fra: H.C. Andersen   Til: Carolina, Lina von Eisendecher
Sprog: tysk.

Triest 21 Märtz 1846

Liebe Frau von Eisendecher!

Der letzte Brief aus Oldenburg war vom 30 December, nachher habe ich kein Wort bekommen. Sind Sie krank? Sind Sie böße ? Nein, warum denn? Ich habe aus Weimar geschrieben. Da sind schönen Tagen vergangen, ich habe, wie Sie wissen, den Erbgroßherzog sehr lieb und er verdient es, er ist gegen mich wie ein Freund, ja ein Bruder konnte ich sagen, gewesen. Den Karl Beaulliell habe ich jetz recht kennengelernt, wir lebten mit einander ein Monath, er ist einer der edlesten, der Besten Menschen die ich kenne; er ist mir im Herzen fest eingewachsen, ich liebe, ich schätze ihm, ich habe wahre Heimweh nach Weimar wenn ich an ihn gedencke, mein Herz ist voll davon.

Alle Familien da haben mir freundlich aufgenommen, ich bin am Hofe gewesen bei alle grösern und kleineren Feste, jeden Tag habe ich mein lieber Erbgroßherzog gesprochen, die Lind, wie Sie wissen, ist auch da gewesen, und sie liebt auch, wie ich die hohen Herschaften den Erbgroßherzog &c und schreibt an mir: »so lange ich lebe werde ich die Erinnerung fest halten an die wenigen Tage die ich in Weimar verlebte, und ich kann auf meine Gewißen versichern das ich eine solcher Seelenfrieden, ein solche reine, innere Freude noch an keinen Orte funden habe, und doch bin ich überall so freundlich aufgenommen, ich liebe diese hohen Personen und, wie Sie sagten, ich sehe die Sterne nicht in die Juwelen die sie tragen, sondern in den echten Herzen selbst; ich bin ganz und gar begeistert wenn ich an die Menschen dencke. Gottes Friede über sie und ihre Nachkommen!«

Ach wie himmlisch hat die Lind da gespielt, gesungen ja, ja - man wird gut und besser wenn man hört die Lind. Beaullieu ist auch voll von Sie, wir waren immer mit einander bei die Lind, und sie hat auch Beaullieu lieb gewonnen, sie hat so herzlich und gut ueber ihn an mich geschrieben; ja Sie wissen davon, Beaullieu hat sicher ueber die Lind an Sie oder an die Eltern geschrieben.

Den 7. Februar ging ich nach Jena, Beaullieu ging mit, ach das Scheiden war für mich so schwer, ich liebe ihm so innig, der edle gute Freund. Der Erbgroßherzog versprach mich daß ich in Jena ein Brief an der Erzherzog Stephan, von ihm erhalten sollte, und er kam selbst nach Weimar mit d: Brief, er hatte gedacht wir könnten uns wiedersehen, wenn er selbst der Ueberbringer war. Wir flogen einander um den Hals; wir waren wieder bei einander, mit einander! es war schön von Ihm, nicht war? 0, ich will alle meine Kräfte aufbieten, diesen Platz, die ich in seiner Herz habe zu verdienen. /

Ich kamm nach Leipzig, Mendelssohn spielte ein Abend für mich, arangirte ein ausgezeichnetes Konßert, meine buchhändlerische Geschäfte mit der deutschen Gesammt-Ausgabe meiner Schriften arangirte sich vortheilhaftig für mich, Leipzig hat mir viel Freude gebracht. Auch in Dresden standen mir alle Häuser offen; der Theaterintendant gab mir für jeden Abend frei Platz in Tribüne und in seiner Loge, vom König war ich gnädigst angesagt; ich bin ein Abend gewesen bei der königlichen Familie; der Prinds Johan, seine GeIl!alinn und sieben, hübschen Kinder waren da; selbst die kleinste da, kannte schon meine Mährchen. Die Königinn gab mir einen Brief an ihre Zwillingschwester, die Erzherzoginn Sophie in Wien; kurz, ich bin ein Glijckskind, ja gar zu glücklich, ich weiß nicht wie! bisweilen glaube ich selbst, es ist Alles ein Traum, warum habe ich es so gut, statt Tausend andern, die vieleicht weit besser sind als ich.

Aus Prag wo der Erzherzog Stephan, Graf Thun, und Mehrere mir sehr freundlich empfang ging ich eben nach Wien, da die Truppen auf d: Eisenbahn transportirt gingen nach Galyzien; die Geberge an Prag waren voll von Menschen, das war ein Anblich, in die Nacht fuhren wir auf die Eisenbahn durch d: Böhmerland; bei allen Dörfern standen Leute; die fremde Sprache, die Fackelbeleutung, Alles machte ein eigenthümliches Eindruch auf mir. Auch am Hofe in Wien habe ich Mährchen vorgelesen, die Kaiserinn Mutter, die Erzherzoginn Sophie, der Prinds Wasa, seine Schwester und mehreren hohen Personen habe ich da kennen gelernt; ich erzählte die Erzherzoginn Sophie meine ganze Reise, und da ich sprach ueber Oldenburg und nannte Frau von Eisendecher, hörte ich daß die Erzherzoginn Sie kannte; da und auch bei meinen dänischen Gesandten habe ich die Fräulein von Scharnhorst gesprochen, ich habe sie gebeten mein Gruß an Sie und an die Frau von Scharnhorst zu bringen. Die Erzherzoginn Sophie hat mir zum Andenken, eine gesmackvolle Brustnadel geschenkt. Bei die Noblesse und bei Künstlern bin ich so innig und herzlich aufgenommen worden. /

D: 18ten ging ich aus Wien und kam gestern nach Triest. Heute habe ich Vesitten gemacht, und heute Abend bin ich mit d: Hern Consul Gebhardt im Theater, er besorgt dieses Brief nach Oldenburg, auch da ist es mir, durch Ihnen, heimlich geworden, die Augen sehen mich alle freundlich an. Dem lieben Her Gemal Gruß und Handdruch; Gustave und Tuck ein Kuß! Die Beaullieus, Mosens, Galls, Frau von Scharnhorst, Jerndorff und Alle die mir gut und freundlich sind tausende Grüßen. In Rom erwarte ich Brief, gans sicher, schreiben Sie nur meine Adresse und dann Caffe greco in Roma, da bekomme ich es. /

Wie geht es mit Mayer? Ich habe noch nicht ein Aufsats ueber die Mährchen gelesen, hat er es vergessen oder aufgegeben. Grüßen Sie ihm und Frau, jetz gehe ich aus Deutschland, mein herz geliebten Deutschland! - Wenn ich dencke an die Freunde da, kommen mir die Thränen in die Augen. Ich dencke am meine Lieben, wie ein Herz dencken kann. Und nun Lebewohl! Bringen Sie mir im gnädigst Erinnerung am Hofe.

Mit dem allerherzlichste Gruß

Ihre innig ergebener

H. C. Andersen

N.S.

Da ich mit der Lind war in der Fürsten Gruft in Weimar, und wir standen neben Schillers und Göthes Särgen, kam ein junger Dichter Rollet; später gab er mir ein Gedicht das er bei dem Leichnam in der Fürsten Gruft gemacht hatte; es klingt so:

An Andersen, Weimar, am 29Jan: 1846.

Mährchenrose, die du oftmal

Mich entzückt mit süßem Duft,

Sah dich ranken um die Särge,

im der Dichterfürstengruft.

Und mit dir an jedem Sarge

In der totenstillen Hall,

Sah ich eine schmerzentrückte

Träumerische Nachtigall.

Und ich freute mich im Stillen,

war in tiefster Brust entzückt,

daß die dunckien Dichtersärge spät

noch solcher Zauber smückt.

Und das Duften deiner Rose

Wogte durch die Totenhall,

Mit der Wehmut der in Trauer,

stumgewordner Nachtigall.

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