Dato: 29. august 1846
Fra: H.C. Andersen   Til: Carolina, Lina von Eisendecher
Sprog: tysk.

Weimar 29 August 1846

Lieber Frau von Eisendecher!

Endlich habe ich doch einen Brief aus aIdenburg! Der letzte hat einen langen Umweg gemacht, erst nach Marseille, dann ueber Cette, Gott weis wo in Sydfrankeriche, nach Lyon, Geneve und endlich nach Basel! ich konnte zuletzt gar nicht erklären daß Sie mir kein einziges Wort schiken wollten; Sie sind auf Reisen, vieleich auf Helgoland! Daß Sie krank seyn könnten möchte ich nicht denken, der Brief ist da, der letzte Brief, aber so gestempelt auswendig, wie eine Probekart. Wie Sie wissen, bin ich in Neapel sehr leidend gewesen, es war so gegen 38 Grade in Schatten, ich lag erschöpft, Alle ratheten mir daß ich nicht nach Spanien gehen sollte, daß ich .die Hitze nicht aushalten könnte. Der 23 Juni gang ich aus Neapel, das Schiff war ueberfüllt von Menschen und Wagen, und es war stürmisch drey Nächte nach einander, die Wellen guckten ueber die Reelingen des Schiffes, schlugen seitwärts auf dem Verdeck, ich glaubte nicht mehr daran daß ich »Gartenstraße« und die Freunde da wiedersehen solten. /

Den 27ten kam ich nach Marseille, ich verweilte da drey Ta gen nur um auszuruhen; die Luft war leichter, ich fühlte mich weit besser und da kam die Reise-Lust nach Spanien wieder. In acht Tagen gingen keinen Dampschiff nach Barzelona, ich dachte dann ich wollte ein Versuch ueber Land mit die Diligense machen, und vieleich ueber die Pyrenäen in Spanien hinein gehen.

Bevor die Abreise traf ich mit ale Bull zusammen, er war eben aus Amerika zurück gekommen und erzählte, daß meine Schriften, die englische U ebersetzung, kürzlich in Amerika nachgedruckt war und mehrere tausende Exemplare, wohlfeile Ausgaben, heraus gebreitet in die amerikanischen Stetten, und daß ich sehr beliebt und erkannt war. Es machte mich sehr viel Freude, aber diese Freude ist eigenlich auch die letzte gewesen auf die ganze Rückreise, ich habe so in Südfrankreich von die Sonne gelitten, Blut und Mark ist aus die Glieder gebrannt; ich bin nerveus durch und durch geworden. Ueber Nimes, Cette og Narbonne erreichte ich Perpignan; ich konnte weder stehen noch gehen, die Sonne brante, die Erde brante, die Luft war wie Feuer, - 0 Sie haben keine Ahnung von diesen Sommer in Syden, ich mußte die Reise nach Spanien aufgeben, es war mich schmerzlich, es ist es noch, wenn ich denke daran, aber ich war so leidend, so angegriffen; wie ein brausender Struddel ging jeder Lärm mir durch die Ohren in die Fingerspitzen hinaus.

Ich hätte auch keine Kräfte um zurückkehren zu können, ging deswegen in die Pyrenäen hinein, ueber Prades, nach Vernet, da wo der Ibrahim Pascha letzte Winter verweilte; hier ist man nicht weit von d: spanische Grenze, hier ist kalt und luftig, hier trift man Nord und Süd. Im Thale blühte Reben und Kastanien, Im Thale war es auch wie ein kleiner Dänemark, grone Wiesen mit duftende Heuschobern und wilde Kruseminten; aber ueber und ringsum, metalartige Gebirge deren. Gipfeln wie zerbrochenen Statuen und Seulen aussahen. Das Wasser rauschte, die Quellen plauderten, es war ein Leben in die Natur, eine Einsamkeit im Dorfe daß mann sich dadurch wohl fühlte; nach 12 Tage war ich wie hergestellt, aber daß Reißen in Spanien, konnte ich nicht in dieser Jahrzeit wagen, ich sah das Land, wie Moses Kanaan, und ging wieder gegen Norden, aber die Rückreise hat mich wieder sehr angegriffen obschon ich ging sehr langsam. Provence ist ein flache, dürre Land, gar nicht schön; ich weis nicht woher es kommt daß die Leute sagen das Land der Troubadouren soll so schön sein, ich habe nichts gefunden, nichts was ein hübsches Bild geben konnte, aber Südfranckreich ist ein Wunderland in Beziehung die römische Alterthümer; 0 wie reich, wie herlich! ich soll viel darüber erzählen! in Nimes habe ich auch Bekanntschaft gemacht mit der Dichter Reboul. In Avignon bin ich drey Tagen gewesen so auch in Lyon, doch am meisten um auszuruhen, denn, wie gesagt, die Reise von die Pyrenäen hieher ist mir eine Greul gewesen. Von Lyon kam ich nach Genf und suchte augenblichlich in die Gebirge hinein, nach Grindelwald, Lauterbrunnen - ach wie kühl, wie frisch! Die Hitze hatte auch die »Jungfrau« so angegriffen daß sie stand mit lange schwarze Streifen, Montblanck war grau geworden, und wenn die ewigen Gebirge nicht einen Sommer wie diesen letzten, vertragen konnten, wie sollte dann ich! Leider liegt Nordens Schnee in meine Körper; in Basel fandt ich Ihren lieben Brief; ich habe es drei Mahl gelesen, denn ich mußte drei Briefen haben, und man hilft sich wie man kann; in eine Tag ging ich von Basel nach Mainz, besuchte Freunde in St Goar und dann ueber Frankfurt, die herliche Wartburg, nach Ettersburg bei Weimar; da habe ich schönen Tagen mit meinen lieben Erbgroßherzog verlebt; er ist mir wie ein Freund, herzlich und gut, der Aufenthalt so waldig schön. /

Jetz bin ich in Weimar bei meinen theuren Beaulieu und denke, gegen d: 20 September in Oldenburg zu sein, und da 8 Tagen zu verweilen, Sie und der lieben Hr Gemal wollen mir freundlich empfangen, ich weis es. Die Biographie ist beendiget, die Gesammtausgabe in d: Druckerey; zur Weinachten sollen Sie mehrere Bände empfangen. Schreiben Sie doch gleich ein Briefchen nach Leipzig, post restante, da weis ich Sie und der Hr Hofrath ist zu Hause; künftige Woche bin ich in Leipzig wo ich verweile 8 bis 10 Tage, meinen Schriften wegen. Tausend Grüßen an d.Hr Gemal, Kindern und Beaulieus; der Kammerherr in Weimar schreibt nächsten und schicke hier ein Strauß von Grüßen. Leben Sie recht wohl und glücklich bis Wiedersehen.

Ihr innig ergebener

H. C. Andersen

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