Dato: 6. juli 1847
Fra: H.C. Andersen   Til: Carolina, Lina von Eisendecher
Sprog: tysk.

London 6ten July 1847.

Liebe Frau v. Eisendecher!

Ich bin beinahe halbtodt; ich kann das Leben in London kaum aushalten, ich bin wie in einem Strudel; heute habe ich mich in mein Zimmer eingeschlossen, u. der Portier muß sagen, ich sei auf dem Lande; ich muß mich erholen, den ganzen Tag bin ich hingestreckt auf dem Sopha; u. jetzt gegen Abend etwas erfrischt, greife ich gleich nach der Feder um zu schreiben an Sie! Ach wie wundervoll wie schön ist es mir ergangen, ich [habe] Ruhm und Anerkennung erlebt, die ich noch erleben kann. Es kann nur. besser und größer werden, wenn das körperliche es nur aushalten könnte.

Holland u. die Holländer haben mir so außerordentlich schön empfangen, und das Land ist wie ein Garten. Alles hat eine Sonntags kleidung an, die Städten, die Häuser, u. wie sind doch die Menschen gut. In Amsterdam war ich sehr freundlich aufgenommen bei von Lennep, Hollands bedeutensten Dichter, er hat ein sehr schönes Gedicht an mich geschrieben, aber im Haag, bedenken Sie nur, haben die Schriftsteller, Maler u. Componisten ein Fest für mich im Hotel d'Europe arrangirt, ich war der Gefeierte. Alles war so schön u. viele Reden wurden gehalten, über Dänemarks u. Hollands Verkehr in alten Zeiten, über Sprachen u. mein Nahme klang von allen Lippen, mit Hoch mit Liebe, ach mein Herz klopfte dabei, ich fühlte beinahe ein Angst dabei.

Aber das Schönste, das was mich am meisten bewegte war »Collins« Gesundheit war auch ausgebracht. Das Mährchen meines Lebens war eben in holländisch herausgekommen u. man kannte u.liebte meinen zweiten Vater. In den Läden hing n mein Bildniß sogar auf der Eisenbahn bei Linden, die Leute guckten nach mir u. dachten wohl, der Fremde da ist Andersen ähnlich. Freunde begleiteten mich auf die Eisenbahn, ich war nahe dabei weinen zu müssen beim Abschied. Aus Rotterdam kam ich in 32 Stunden nach London; ein Gewitter mit Blitz u.Donner begrüßte mich auf der Themse, es war grosartig u.London selbst, ja das ist eine Weltstadt; ich muß Rom u. London vergleichen, Rom ist die Nacht, die große erhabene Nacht, mit allen ihren Gedanken, aber London ist der Tag, das Leben mit allen seinen Thaten!

Der dänische Ambassadeur hat mich außerordentlich schön empfangen, mir gleich in die höchsten Kreise eingeführt, zweite Abend schon war ich bei Lord Palmerston, da traf ich zusammen mit dem Erbgrosherzog v. Weimar, Herzog v. Canterbury, kurz eine Menge von den ersten Herrn u. Damen u. Alle kannten meine Schriften, ich war zuletzt ganz umgeben von freundlichen Augen u. ich hörte nur Lob über häßliche Ente, Kreisel u. Ball u. Dichters Bazar. Jeden Mittag 14 Tage war ich hier eingeladen, aber Mittag ist acht Uhr des Abends, in der Nacht bin ich eingeladen auf Bälle, die hohe Welt hat mich in ihre Wellen aufgenommen u. ich bin beinahe ertrun ken; in dieser Woche muß ich bei Castelreaghs, Lord Stanley, Rothschilds etc. Lady Morgan will eine Gesellschaft für mich arrangiren wo ich alle die ersten Schriftsteller begegnen soll. Freitag bin ich des Mittag bei Lady Blesington, die außer ordentlich liebt meine Schriften, da soll ich sein mit Bulwer u. Dickens; ich weiß nicht wie, aber mein Nahme ist unglaublich bekannt in dem großen England, mein Bild hängt auch hier in die Läden!

0 mein Gott es ist so viel, ich glaube ich sterbe davon! ach beinahe sehne ich mich fort! Jetzt habe ich Alles erlebt, ich bin verstoßen u. gefället geworden, ich bin erhebt u. überschätzt geworden. Es ist wie ein Traum. - Hambro der Bankier hat mir Gruß an Sie u. die Eltern in Bremen bestellt, ich bin bei ihm auf dem Lande gewesen, er arangirt jetzt meine Sache mit Mary Howitt u. Bentley, ich hoffe ich bekomme ganz gutes Geld für meine künftigen Schriften. Jenny Lynd hat mich wie eine Schwester empfangen, aber nur zweimal bin ich da gewesen, ich habe keine Zeit. Ich habe sie in Somnanbula gehört.

Der Erbgroßherzog hat mich eben sehr herzlich eingeladen empfangen, u. eingeladen nach Weimar. Herr Marschall, im Gefolge des Erbgroßherzogs ist ganz entzückt von Carl Beaulieu u. er sagt, sie ist ein schönes edles Weib, er rühmt sie außerordentlich. Wie geht es Alexander? Wie leben die Freunde in Garten Straße. Grüßen Sie mir herzlich den lieben Edmund, seine Eltern u. schreiben Sie, wenn u. wo ich am Rhein Sie u. den theuren Gemahl begrüßen kann. Wann gehen Sie fort? Senden Sie die Brief mit Adresse: »a la legation danoise a Londre«. Mein Gesandter Graf Reventlau wohnt sonst: 2. Wilton Terrace. Belgrave Square. Grüßen Sie Tuck u. Gustava, u. ich hoffe det Hr Hofrath u. der Alexander Beaulieu werden erst kommen bei den hohen Großherzog, wollen mir in gnädigste Erinnerung bringen. Wenn Sie nur diesen Brief lesen können, ich sehe die englische Schnelligkeit ist mir schon in Blut u. Feder.

Leben Sie wohl, theure liebe Frau von Eisendecher, Ihr innig ergebener

dankbarer Freund

H. C. Andersen.

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