Dato: 10. januar 1849
Fra: Carolina, Lina von Eisendecher   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Oldenburg den 10 Januar 49

Es ist eine lange Zeit verstrichen, lieber Andersen, seitdem ich Ihren letzten Brief bekam, wie gerne ich früher dafür gedankt hätte, kann ich Ihnen nicht sagen, meine dummen Nerven machen mir aber seit Monaten so viel zu schaffen, daß ich mich , immer ganz unwohl und angegriffen fühlte, und zum schreiben nicht aufgelegt war. Heute ist mir's nun ziemlich gut, und ich benUtze ein ruhiges Stündchen um einmal wieder mit Ihnen zu plaudern. /

Seit Ihrem Brief hat sich wieder manches geändert, und wenn auch noch kein Frieden geschloßen, so ist doch mehr Aussicht dazu wie früher. Deutschland hat im Innern so Vielerlei zu thun und zu ordnen, daß es gewiß den Frieden nach außen wünschenswerth finden muß. Dabei höre ich von allerlei politisch sehr wichtigen Projekten, die vielleicht die ganze Angelegenheit für Dänen sowohl wie Deutsche am besten ordnete. /

Wie es nun aber auch kommen mag, lieber Andersen, wir bleiben treu in uns ern Gesinnungen gegen einander. Traurig ist nur daß unter diesen Umständen so leicht an kein Wiedersehn zu denken, der Storch wird kommen, aber diesmal Sie nicht verkünden. Was wird uns überhaupt noch die Zukunft bringen, sie liegt dunkler und drohender wie je vor uns, augenblicklich namentlich auch hier in unserm kleinen Ländchen, wo der Großherzog mit den Ständen in offner Fehde; nach meiner Ueberzeugung ist das Recht auf seiner Seite, doch sind die Begriffe über Recht und Unrecht jetz so confus, das man sich kaum selbst mehr darin traut. Meines Mannes nahe Stellung zum Großherzog ist unter diesen Umständen eine sehr schwierige, und mit tausend Ärgerlichkeiten verbunden, das will freilig getragen sein, wenn man nur dafür auf ein gutes Resultat hoffen könnte, doch dazu ist wenig Aussicht. Ich denke mir wir gehen einer mediatisirung entgegen, was freilig im Ganzen kein Unglück, doch den Einzelnen immer schwer genug trifft. /

Doch nun kein Wort mehr über Politik, die heut zu Tage die besten Freunde entzweit. Da will ich Ihnen lieber erzählen daß ich mit großem Interesse Ihren neuen Roman gelesen habe, er ist wirklich hübsch, und namentlich sind die einzelnen Karakter-Zeichnungen ganz ausgezeichnet, ich nenne vor Allem die alte Baronin, sie ist höchst originell und doch wahr geschildert, namentlich wie sich ihre wunderliche Richtung aus ihren früheren Verhältnißen entwickelt. Was mir nicht gefällt ist das eigenthümliche Dunkel um Baron Hermann, der ganze Roman könnte ohne das sein, und wenn es nicht nothwendig zum Ganzen ist, macht dergleichen leicht einen nicht angenehmen Eindruck; ich kann hierin übrigens vollkommen Unrecht haben, Sie sehn nur daraus daß ich Ihnen ganz aufrichtig schreiben mögte. Ganz besonders gefällt mir noch der Humor der durch das Ganze geht. Denken Sie daß der Titel in Deutschland nicht recht verstanden wird, der Uebersetzer nennt das Buch »Die zwei Baronessen« und das sind im Deutschen unverheirathete Damen, das giebt natürlich ein Mißverständniß. Mir hat dies Buch die größte Freude gemacht, und so wird es gewiß vielen Menschen gehn. Ob es den großen Anklang in Deutschland finden wird, wie Ihre früheren Romane, ist wohl nicht entschieden, doch liegt dies durchaus nicht in dem Werth des Buches, sondern nur in der jetz ganz der Politik zugewandten Richtung. /

Die hübschesten Bücher gehn jetz unbeachtet vorüber, weil eben jeder mit Kopf und Herzen für die Zeit in Anspruch genommen ist. Es ist für die Künste und Wissenschaften eine traurige Zeit, man muß hoffen das es besser wird, in dieser wie in mancher Beziehung. -

In unserm Hause geht es Gottlob gut, die Kinder nehmen an Geist und Körper zu, vergeßen Sie aber nicht; eine ganz große Freude haben sie an der wunderhübschen Ausgabe Ihrer Märchen von Pedersen, es sind aber auch reizende Bilder dabei, Tuck begreift garnicht wie man ihn so ähnlich habe zeichnen können, da der Mann ihn doch garnicht gekannt. Er glaubt natürlich daß er »der kleine Tuck« sei! -

Von Ihren hiesigen Freunden soll ich Ihnen viel Schönes sagen. Bei Beaulieus geht es gut, die alte Exellenz kann sich in die neue Zeit nicht finden. Edmund ist gut monarchisch gesinnt, und nur mit Vernunft dem Fortschritt zugethan. Eugen ist in ofner Fehde mit der Familie da er ein arger Freiheitskämpfer ist. Der liebste Alexander sitz wohlbehalten in Heidelberg, er ist ein sehrliebenswürdiger Karakter. Mosen ist seit einigen Monaten wieder hier, aber kränker wie je, er ist vollig gelähmt, und kann kaum eine Bewegung machen, es ist ein trauriger Zustand. Von seiner Thätigkeit beim Theater ist er ganz entlassen, er schreibt jetz an seiner Lebensgeschichte, die aber wie ich glaube wenig interessantes bieten wird. Mayers sind wohl, und haben bildhübsche Kinder. Bei Hof sieht es für die schlechten Zeiten noch gut genug aus, der Großherzog ist immer guter Laune, und setz den Stürmen der Zeit eine unerschütterliche Heiterkeit entgegen. -

Und im Sommer wollen Sie nach Finnland? ich kann mir da ausgenommen des kuriosen Sonnenscheins nicht viel Schönes denken, doch findet freilig der Dichter das überall, da er es selbst mitbringt. -

Sie schreiben mir von so viel Neuen in der dänischen Literatur daß ich ganz beschämt für mein Deutschland bin, da erscheint ausgenommen die Politik gar wenig, selbst dramatische Sachen wenig odergarnicht. Der neue Roman der Breme' gefält mir garnicht, kennt man einen so kennt man sie Alle. - - Nun aber zum Schluß liebster Andersen. Mann und Kinder so wie ich schicken Ihnen die zärtlichsten Grüße, und vergelten Sie Böses mit Gutem und antworten bald, ich höre gar zu gerne von Ihnen!

Mit unverändert treu er Gesinnung

Lina von Eisendecher.

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