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Dato: 5. december 1860
Fra: Klaus Groth   Til: H.C. Andersen
Sprog: dansk.

Kiel, 5 Dec. 1860.

Geehrter lieber Freund,

oder vielmehr unlieber ungetreuer!

Da lese ich in den Zeitungen: Kopenh Prof.H. C. Andersen ist hier wieder eingetroffen. Freilich, solche Ehren konnten wir Ihnen hier nicht bereiten, wie Sie sie manchmal genossen, aber ein nettes Zimmer, warmes Bettchen, eine gute Flasche Wein und ein herzliches Gespräch nicht ganz ohne. Geist hätten Sie gefunden. Fräulein Rösing vom Düsternbrok brachte mir zuerst die Nachricht: alle Kleinen jammern, Andersen ist wieder in Odensee! Ein Freund von mir hatte einen ziemlichen Anlauf genommen, noch vor Ihrer Ankunft meiner Frauen "Andersens sämtliche Werke" durchzulesen, und war in neuer frischer Begeisterung, in echter. menschlicher; denn Ihre Biographie hatte er früher nicht gekannt und jetzt mit Hingebung gelesen. Ich selbst wollte mit Ihnen über Ihre Eventyr sprechen und über so vieles Andere: und siehe da, er rutscht vorüber. Hätten Sie mir nur geschrieben, wann Sie in Neumünster einträfen (denn über Rendsburg müssen Sie doch gegangen sein), so hätte ich vielleicht, um Sie zu sprechen, den Abstecher dahin machen können. Am 20. Nov. war die Taufe meines Erstgeborenen Detmar Groth, so genannt nach seinem lebenden mütterlichen Urgroßvater. Ich sagte an dem Tage zu meiner Frau: Andersen pflegt zu etwas Ungewöhnlichem gewöhnlich einzutreffen, der kommt gewiß heute. Wir hatten den Großvater hier und eine liebliche Schwester meiner Frau mit ihrem Bräutigam aus London. Dieser Engländer (Jellings Blow mit Namen) nannte Sie immer Hans Christian Andersen, was uns sehr amüsierte, nur Sie selbst fehlten. Vielleicht hat man mich in Dresden Ihnen nicht liebenswürdig geschildert; als ich dort war, trug ich ein Nervenfieber in den Gliedern, das auch endlich ausbrach; ich hatte mehr Stimmung für den Kirchhof als für Umgang. - Doch nein, Sie haben mich ja gesehen und gesprochen, und ich denke, ich bin durchsichtig bis auf das Herzblut. Also es hat Gründe gehabt, und die ehren wir und fahren fort, Sie zu lieben, wie wir seit 1841 gethan, damals gar stürmisch. Als ich Ihnen nach Dresden den schlechten Brief schrieb, war ich kränker, als ich sagte, darum wollte ich jetzt etwas nachholen. Über Ihre Eventyr hätte ich gern etwas Ausführliches mit Ihnen gesprochen. Dynd-Kongens Datter und Vinden fortreller om Valdemar Daae og hans D0ttre haben mir besonders zugesagt. Das letztere hat ga'nz besonders einen Schnitt oder vielmehr einen Ton wie ein Naturlaut, der durchklingt. Mehr davon, lieber Andersen! Dyndkongens Datter ist ja ein Stück, das kommt und nicht gemacht werden kann, eben zu dem letzteren hätte der "Vind" wohl noch Geschwister im Sack. Anna Lisbeth ist mir etwas zu traurig, herzbrechend. Indem Sie mir von der englischen Übersetzung erzählten und von meiner dänischen des Quickborn etc., las ich gerade zufällig in Ihrem Mit Livs Eventyr von Ihrer Bekanntschaft mit Dickens3). Es war nicht selbstsüchtige Reflexion auf mein liebes Ich, daß mir in dem Augenblick einfiel, Sie könnten Dickens vielleicht einmal auf. mich aufmerksam machen. Es wäre mir nämlich nicht unwichtig, wenn ich auch einmal etwas von englischem Gelde bekommen könnte! Aber im Ernst: ich bin ja dadurch in einer eigenthümlichen Lage, daß fremde Nationalitäten so schwer an meine Sachen gelangen. Ein Franzose hat sich gefunden, der zufällig in Hamburg erzogen ist; der Mann hat aber auch nur Proben in der Revue Germanique mitgetheilt und schreibt mir, daß sein Geschäft ihn noch ein Jahr lang, abhalten wird, mehr zu übertragen. In Bonn kam 1855 ein junger Engländer zu mir; der eine hochdeutsche Übersetzung meines Quickborn kannte und danach übersetzt hatte. Dieser, ein Herr Blakley, Pastor in Frensham Parsonage Farnharn Surrey, las unter meiner Leitung fast augenblicklich das Original und übersetzte eine Reihe Gedichte, so weit ich es beurtheilen kann, mit großer Geschicklichkeit. Er konnte aber keinen Verleger finden, oder vielmehr er fand einen durch Vermittlung von Williams (u. Norgate London), der mich persönlich kennt, Plattdeutsch versteht und meine Gedichte fast zu hoch schätzt, daher sogleiGh die Illustrationen mit gedruckt wünschte. Der Verleger schrieb darüber an meinen (Mauke), dieser war ungeschickt und beutegierig, darüber dauerte es hin; dann wurde der engl. Verleger augenkrank, dann blieb alles liegen. Ferner hat ein anderer Engländer, den ich nicht kenne, es soll ein reicher Mann in Paris lebend sein, meine, Trina (Prosa) übersetzt. Wie es damit weiter geht, weiß ich auch nicht; das Mscr. habe ich nachgesehen, ich war damit zufrieden. Die Litteraturverhältnisse sind in England aber ja sehr eigensinnig, und wenn ich auch überzeugt bin, daß schon wegen der Verwandtschaft meiner Anschauung mit der englischen meine Sachen einmal dorthin gelangen werden, so möchte ich doch noch gern bei Lebzeiten etwas Nutzen und Freude davon haben. Wenn Sie mit Dickens in Correspondenz stehen und er Hochdeutsch gelernt hat, so wäre, es am Ende leicht gethari, daß Sie ihn einmal aufmerksam machten und ihm ein Ex. der Ausgabe des Quickborn, die Sie kennen, in meinem Namen schickten. Dann wäre eine Anknüpfung geschehen; im Fall es ihm gefiele, könnte Blakley ihm seine translations senden, einige Proben könnte ich schon beilegen, allein es sind nur kleinere Sachen. Von den Prosasachen sind nur noch die kleineren ins Hochdeutsche übersetzt, für die Trina habe ich mir das Recht vorbehalten. Doch all dies sollte Ihnen keine Mühe machen und sollte nur ganz auf meine leise Anregung aus Ihrer Überzeugung fließen. Wenn Sie mir hierauf einmal einige Worte antworten wollen, so brauchen Sie nicht zu fürchten, daß eine abschlägige Antwort Ihnen etwas von meiner Zuneigung rauben würde. Zu andern Zeiten war ich gleichgültiger, als recht und billig ist; ich hätte Beziehungen genug anknüpfen können, die ich vernachlässigt habe. Aber wenn man Familienvater wird, so kommen andere Gedanken. Vor Kurzem schrieb ein Reisender aus Hongkong: den Quickborn habe ich durch ganz Indien und China in fast jedem deutschen Hause gefunden. Da dachte ich an die schöne Ehre und an die blanken Dollars; erstere bekam ich, letztere bekomme ich nicht. Meine hochdeutschen Übersetzer stecken das Geld ein, ohne mir etwas abzugeben; von Dänemark aus kann und darf ich nichts von der Übersetzung bei einem kleineren Publikum erwarten. - Übrigens aber: lebe ich mit frohem Muth, freue mich an Weib und Kind, freue mich meiner Freunde, wozu ich nun ja auch Sie rechnen darf, und rechne nicht nach Dollars, sondern nach geistigem Besitz; so auch sicher einmal auf Ihren Besuch. Meine Frau empfiehlt sich bestens.

Ihr Klaus Groth.

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