Dato: 29. december 1868
Fra: Friederike Serre, f. Hammerdörfer   Til: H.C. Andersen

Dresden am 29.st. Dcbr. 1868

Verehrter Freund!

Vergönnen Sie mir noch den alten traulichen lieben Namen! Jahre vergingen seit wir uns nicht sahen, Jahre, wo Sie mir jedes Erinnerungs Zeichen versagten – Jahre, wo die alten Gesinnungen wieder hervortraten – aber mein Herz ist unwandelbar geblieben. Fern blieb mir immer der Fanatismus der Politik – ich überließ ihn den Männern. Jetzt aber, wo unser armes Sachsen zerquetscht – nur noch ein Schein-Königreich ist – wo es aufgelößt wird, von einem Schritt zum Andern aufgehet in ./. in [sic] Preussen, genannt der Nord-Deutsche Bund – jetzt begreife ich die Gesinnungen des Haßes für seine Unterdrücker – tausend Mal habe ich im Stillen mir selbst gezürnt – daß ich Ihnen so bös sein konnte, als Sie alle Gemeinschaft mit mir Deutschen abbrachen! – Genug von Allem diesem Unerquicklichen! Welche Freude war mir Heute – (die Zusendung, durch den Buchhändler Wiedeman aus Leipzig) Ihres 1st nach langer Zeit wieder erschienenen deutschen Buches Die Dryade.

Noch habe ich es nicht gelesen, aber ich konnte keinen Augenblick länger ./. [5432] zögern Ihnen dafür warm und herzlich zu danken – ich wollte nicht zögern am Vorabend eines neuen Jahres Ihnen zuzurufen, Gott segne jeden Ihrer Schritte in dem selben, gebe Ihnen ungestörtes Wohlsein – denn ohne Gesundheit des Körpers, helfen uns selbst Ehrenbezeugungen nicht zum Glück. Ich habe mich recht um Ihr Fußübel geängstigt – wir haben hier traurige Fälle, durch solche kleine Fußübel erlebt, hoffentlich sind Sie ganz davon hergestellt! -

Sie haben erfahren, daß Clara und Ottilie 6 Wochen im Sommer in Maxen waren 3 Monate bey nahe Frau v. Goethe mit ihren beiden Söhnen und Cousine ./. [5433] Sie sehen, einsam lebe ich nicht – sondern mit interessanten Menschen. Leider hat Walther ein trauriges Brustübel, bekommt heftige Anfälle von Blut spucken, und obgleich er lange an dieser Krankheit leiden [overstreget: können], wird ist sie doch unheilbar! Denken Sie an dem Schmerz der alten Mutter. Sie leben diesen Winter in Jena wohin Baron Wolf übersiedelte -

Der Gr. Herzog von Weimar, hat mir amWeihnachts Abend, die Überraschung und Freude gemacht, ein neues wohlgelungenes Bild, nach Blockhaus eine Photografie, zu schicken, wir correspondiren fleißig und er bleibt stets treu, in seiner Huld! – Auch er steht mit seinem Purpur auf schwankenden Füßen. – ! - ./.

Man spricht viel von unvermeidlichen Krieg! Gott gebe, daß er noch lange fern bleibt – denn er vernichtet auch die Grund Besitzer. Es ist ja nur ein Morden, und Sieg dem, der die besten Gewehre hat – nicht mehr, ein Kampf! -

Es ist eine liebenswürdige, norwegische Familie hier, Burgemeister Jörgensen aus Christiania wo Mutter und Tochter und Schwestern musicalisch sind, Freunde Sigwald Dahls! – Täglich Concerte! Leider ist mein Befinden so, daß ich im Winter nie mein Zimmer verlaße, weder Gesellschaften noch Theater, noch Concerte besuche, ich leide an einem Halsübel mit ./. chronischem Husten, wo jeder kalte Luftzug mir schadet!–

Doch gewähren mir meine Freunde im Hause, Genüsse. Theils durch Musik, theils durch wissenschaftl. Vorträge. Consul André, Verfaßer der besten Bücher über Amerika Redacteur des Globus – Professor Schleiden, Verfasser des Buches – das Leben der Pflanzen – Hofrath Ziegler der Reisende – besuchen mich, und bestimmen immer Abendstunden zu Mittheilungen aus dem Fache ihres Wissens. So lebe ich fort, und behalte das rege Interesse für das Große und Schöne, troz meines ./. Altwerdens!

Denn Jünger geworden, werden wir uns wohl Beide nicht finden – seit wir uns sahen – obgleich die Männer nie altern! – Ob wir uns aber wiedersehen!!! – mag Gott wissen.

Der arme Carus ist auch alt geworden, wird 80 Jahre am 2 Januar hat schmerzl. Verluste gehabt, heute vor einem Jahre starb seine Tochter Marianne, Heute liegt sein treuster Freund, der Geheimrath von Langenen im Sterben. Die jüngern Freunde suchen ihn seltner auf und er steht vereinsamt – troz der Höhe seines Wissens und seiner Stellung! – Wie traurig die Vergänglichkeit Alles Irdischen! ./. Gräfin Hohenthal, die ich seit 20 Jahren meine Freundin nenne – (Schwester Ihres Königs) – war zum sterben krank, an Unterleibstyfus, doch es geht Beßer, sie ist gerettet! – Wie gern hätte ich der Einladung Graf Moltkes nach Glorup gefolgt, ich fühle aber mich zu leicht angegriffen, unfähig die Toilette und Unterhaltung zu machen oder an Vergnügungen Theil zu nehmen – und hätte darum nur gestört; Es tröstete mich, daß auch Sie nicht zu dieser Zeit dahin kommen konnten! - Nun freue ich mich auf einen langen, langen Brief von Ihnen wo Sie mir Ihre Sommerpläne mittheilen. Noch einmal! Gott gebe Ihnen ein gesegnetes neues Jahr Wiederholt, Fr. Serre.

[i margenen, p.5:] Margaret hat am 1 Novbr ihr 25 j.. Jubiläum in meinem Hause gefeiert.

[i margenen, p.8:] Schreiben Sie mir ob Gräfin Yoldi Coopmans wieder in Copenhagen ist? –

Tekst fra: Niels Oxenvad (KB affoto 4952-55, 5430-33)