Dato: 8. august 1862
Fra: Carolina, Lina von Eisendecher   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Frankfurt den 8 August. 1862

Lieber Andersen!

Gewiß halten Sie mich für sehr undankbar daß ich erst heute für Ihre reizende neue Gabe danke, aber leider bin ich erst seit kurzer Zeit im Besitz des lieben Büchelchens, da ich längere Zeit in der Schweitz war, und man mir das zierliche päckchen nicht nachgeschickt hatte. Den allerinnigsten Dank sage ich Ihnen verehrter Freund! nicht nur für das Buch, sondern auch vor allem daß Sie meiner noch so freundlich gedenken, was mich wirklich innig gerührt hat. /

Da ich das Haus voll Besuch habe, kam ich leider erst wenig zum lesen, und habe nur die wunderhübsche Eisjungfrau gelesen, die doppeltes Interesse hatte, da wir etwas aus jenen Gegenden keimen, ich finde das Märchen wunderhübsch, und mögte es mit meinem Liebling der kleinen Merrjungfrau vergleichen, nur ist es schauriger. Wo kommen Ihnen nur immer all die Gedanken und Ideen, lieber Freund, Sie bringen stets Neues, und doch sind Sie stets unverkennbar darin. Gott erhalte Ihnen Ihr schönes Talent noch lange! - In großen Umrissen bin ich treu Ihrem Leben gefolgt, so weit es Journale und Zeitungen möglich machen; nun hatte ich wieder auf einen Besuch gehofft, und denke auch noch, daß über kurz oder lang Sie Ihr Weg wieder einmal zu uns führt; ich kenne Ihre Liebe für den Süden, und dahin führt der Weg durch Frankfurt.

Von uns kann ich Ihnen Gottlob nur Gutes berichten; wir haben gestern noch die ganz große Freude gehabt, daß unser Carl (Tuck) nach fast dreijähriger Abwesenheit, glücklich in England angekommen, und wir nun auch wohl hoffen dürfen, ihn bald hier zu sehn. Gustave erwarten wir Morgen zu einem längeren Besuch mit ihrem Töchterchen, was meine kleine Christa in große Aufregung versetzt, diese ist gewaltig gewachsen, und fast aus den niedlichen Kinderjahren heraus, das geht so schnell. Ehe ich nur daran dachte, hatte sie sich Ihrer Eisjungfrau bemächtigt, und gelesen und gelesen mit glühendem Interesse! Sie sind ihr, glaube ich, die allerinteressanteste Person in der ganzen Welt, weil Sie ein lebendiger Dichter sind, den sie kennt, das ist ihr alles so etwas fabelhaft. Mein Mann und ich werden natürlich alt und grau, haben aber Gottlob junge Herzen und junge Treue für die alten Freunde.

Nun leben Sie wohl, lieber verehrter Freund, mein Mann und die Kleine grüßen sehr, und wir alle bitten nicht vergeßen zu werden!

Stets in alter Gesinnung

L.v. Eisendecher.

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