Dato: 31. maj 1843
Fra: H.C. Andersen   Til: Conrad Rantzau-Breitenburg
Sprog: tysk.

Hamburg, den 31. Mai 1843

Euer Exzellenz!

Am 8. Mai habe ich Paris verlassen. Kurz vor meiner Abreise schickte ich einen Brief nach Breitenburg; ich hoffe doch, daR er eingetroffen ist. Ich bin nicht ohne Wehmut aus der großen Weltstadt abgereist, wo ich mich im Kreise so vieler der besten und bedeutendsten Männer so wohl aufgenommen gefühlt habe. Ich kam nach Deutschland hinein, und schon in der ersten Stadt, Heidelberg, fand ich eine noch reichere Fortsetzung dieser Wertschätzung meines Talents. Wie ein schöner Traum liegt nun die Reise durch Deutschland da. Man überschätzt mich hier ebenso sehr, wie man in Danemark streng und unbillig gegen mich ist. In Heidelberg fand ich vom deutschen Verleger [Vieweg in Braunschweig] das erste Exemplar der "Gesamtausgabe Andersens Werke" vor, die in 16 Bänden erscheint und vom Verleger dem König von Dänemark gewidmet ist. Ich sah in den meisten Buchladen meine Schriften und hörte in Frankfurt, daß allein von meinem Büchlein Bilderbuch ohne Bilder wahrend dieser Messe bei einem Mann mehrere hundert Exemplare verkauft worden seien. Überall erhielt ich die lebhaftesten Beweise von Anerkennung und Liebe; ich hatte niemais geglaubt, bei den Deutschen so bekannt und beliebt zu sein. Ich werde Euer Exzellenz ein paar recht charakteristische Züge erzahlen, aber erst wenn wir uns sehen; doch das wird ja in wenigen Tagen sein. Dem Dichter Freiligrath habe ich versprechen müssen, ihn im nächsten oder im darauffolgenden Jahr zu besuchen und einen Monat bei ihm zu bleiben; er wohnt gemütlich und schön in St. Goar. Mein Roman Nur ein Geiger ist das erste Vereinigungsband zwischen ihm und seiner jungen Frau gewesen. Euer Exzellenz wissen wohl aus meinem letzten Brief, daß ich aus Oldenburg die Einladung einer mir ganz unbekannten Familie erhielt, einer Familie, die mich als Dichter im höchsten Grade schätzte; es ist ein kleines Märchen. Ich reiste hin und habe fünf bis sechs Tage bei einer liebenswürdigen, geistreichen Familie verbracht, die mir jeden Wünsch von den Augen abzulesen versuchte und wo ich es so gut gehabt habe - ja, es ist ein Traum, glaube ich! In dem kalten, strengen Kopenhagen wird es mir noch stärker so erscheinen! Hier in Hamburg wohne ich bei Holcks; die lieben, liebenswerten Menschen sehen mich so gern bei sich! Am Freitag Mittag (den 2. Juni) gehe ich mit dem Dampfschiff Stör nach Itzehoe, um Euer Exzellenz und Ihre vortreffliche Schwester zu begrüßen! Sie sehen mich doch gern für ein paar Tage bei sich? ich muß doch auch einmal erstaunlichen Huldigung und Liebe, die ich auf meiner Fahrt durch Deutschland gefunden habe! Euer Exzellenz werden mich nicht mißverstehen! Solche Huldigung tut mir gut, ich brauche solch einen Champagner. Kopenhagen hat nur für meine Fehler Augen, man freut sich kaum über meine Anerkennung; ich habe so wenige Beweise der Gute meiner Landsleute - aber der Gott, der mir draußen Trost und Mut gibt, hat wohl seine Absicht, wenn er mich zu Hause Kühle erfahren läßt. Der liebenswürdige Collin, mein wahrer Vater in dieser Welt, nimmt so herzlichen Anteil an meiner Anerkennung draußen; heute habe ich von ihm einen Brief bekommen, der beinah Heimweh, Sehnsucht nach Dänemark weckt. Auch Sie sind mir gut, Euer Exzellenz, haben mir von allen nordlich der Elbe die besten Beweise dafür geliefert, und deswegen hängt mein Herz fest an Ihnen, so daß ich beinahe die Stellung vergesse, die Sie im Staat einnehmen, und nur Ihr Herz und Ihre Gedanken fur mich sehe! - Wir sehen uns also Freitagabend! - Darf ich erwarten, daß mich ein Wagen abholt? Ist keiner da, wenn das Dampfschiff ankommt, nehme ich an, daß Euer Exzellenz auf Reisen sind.

Leben Sie wohl! herzlich wohl!

von ganzem Herzen

Ihr innigst ergebener untertaniger H. C.- Andersen

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