[Edvard Collins håndskrift] An Christian Winther
Antwort auf seinen Brief
Montreux. Aug 1862
Sie wollen ein Gedicht ich habe keines,
Ich gebe Ihnen sonst mein allerbestes.
In Montreux wachsen Lorbeer, nicht gedichte,
Das letzte hier war Byrons von Chillon.
Zwar die Natur hier selbst ist ein Gedicht,
Mein Herz kanns fassen, dieser Bogen nicht
Nie könnte ich zeichnen den Abend hier am See,
Des Wassers Farbepracht im Blau und Purpur,
Ein Rosenblatt auf'm goldenen Grund des Himmels!
Wie mächtigen Chor-Stühle i der Kirche,
Stehn Felsen neben Felsen seltsam hier,
Die Wälder wie Gewander sie umschlingen,
Und in der Ferne das Hochaltar sich hebt,
Der Berg mit ew'gem Schnee zum Alterkleid.
Der Frieden, Schönheit und der Farbenwechsel,
An solchem Abend laßen sich nicht malen.
Doch mitten hier in dieser Herlichkeit,
hängt meine Harfe ohne Klang und Töne,
Sie zittert bei der leichten Bergluft nicht,
Des Herzens starkes Schlag bewegt sie nicht,
Als ob die Saiten hier im Schlummer lägen,
Um Kraft zu sammeln, daß in reich'rer Fülle
Sie klingen mögen und mit neuen Tönen
Im Land Schönheit, wohin jetzt ich strebe,
Wo zwischen Loorbeern die Granaten blumen
Aufs Häcken glüht im frischen Sommerlicht,
I Cids und in Cervantes Vaterland. /
Mög' Gott mir da die Dichtergabe senden,
Sie brause durch die Saiten, die nun schweigen,
Und trage sie nach unsere grüne Inseln,
Wo Heldengräber unter Buchen ruhen,
Fata Morgana von Granadas Garten!
H. C. A.