Dato: 17. august 1850
Fra: Carolina, Lina von Eisendecher   Til: H.C. Andersen
Sprog: dansk.

Oldenburg den 17 August 1850

Ihr Brief, lieber Andersen war mir eine sehr angenehme Ueberraschung, um so mehr da ich ihn nicht verdient hatte. Wie es kam daß ich Ihren vorigen Brief so lange unbeantwortet lassen konnte, weiß ich eigentlich selbst nicht. Das Frühjahr brachte, freilig allerlei Zerstreuungen, später machte ich eine Badereise, dann war ich langere Zelt nicht ganz wohl, aber hinreichende Gründe zum verstummen sind es alles nicht; gewöhnlich sucht man aber zum schreiben an seine besten Freunde, eine besonders passende Stunde, und findet man die nicht, so läßt man es lieber ganz, das ist aber unrecht, und soll auch gewiß nicht wieder geschehn. Nun vor allen meine Freude darüber daß es Ihnen gut geht, und daß Sie die deutschen Freunde trotz Krieg, Frieden und abermals Krieg nicht vergaßen. /

Ihr Friedens Jubel erreichte mich zu gleicher Zeit mit der Nachricht von der Schlacht bei Idstedt, Sie können sich denken welch ein Contrast. Kämpfen auch die Deutschen nicht mehr in Schleswig, so ist doch der Frieden in keine Brust gedrungen. Den hat nur die Diplomatie gemacht aber nicht die Nation. Ich verstehe übrigens von der ganzen Angelegenheit nichts, ein Mensch setzt mir mit Geist und Verstand, das vollkommene Recht der Dänen auseinander, und ein andrer, eben so begabt und ausgezeichnet, das gute Recht der Herzogthümer; ich kann das Rechte nicht heraus finden, habe aber vorläufig Sympathie für die Herzogthümer, was Sie mir gewißnicht verargen werden. Begeisterung und Muth sind da in seltnen Maße vereinigt, und das muß interessiren. /

Doch nun kein Wort mehr über die Angelegenheit, lieber Andersen, die hoffentlich unser gutes Einverständniß nie stören soll, es hat ja auch mit der Politik nichts zu schaffen. DaßSie den Sommer in allerlei Ausflügen auf den schönen Inseln verlebten, war gewiß angenehm für Sie, mir thut es nur leid daß Sie nicht von größeren literarischen Arbeiten schreiben, ein Dichter muß immer etwas vor haben und nicht nur für die Dänen sondern wo möglich für die Welt. Ihre dramatischen Sachen haben in Deutschland nie die Ausbreitung gefunden wie die zaubrisch süßen Märchen und die schönen Romane. /

Nun erzähle ich Ihnen aber von hier. Bei uns würden Sie es finden wie Sie es kennen, die Kinder werden größer und entwickeln sich ganz gut. Ihr Name steht den kleinen Menschen in glänzender Erinnerung. Mein Mann der Ihnen wie auch die Kinder das Herzlichste sagen läßt, hat auf seinen Posten, viel Arbeit, viel Aerger, und wenig Dank, die Politik ist heut zu Tage in Deutschland das Undankbarste was man sich denken kann. Mit meiner Gesundheit geht es in den letzten Jahren nicht so gut wie es sollte, was auch wohl von den mancherlei Aufregungen kommen mag, die die Zeit mit sich brachte. Ein Badeaufenthalt in Pyrmont, thut hoffentlich noch nachträglich gute Dienste, bis jetz kann ich noch nicht davon rühmen. /

Unser Großherzog ist frisch und Gottlob gesund, weniger der viel besprochene Erbgroßherzog, der uns vielleicht noch einmal zu halben Landsleuten macht, er ist den Stürmen und Kämpfen der Zeit, weniger gewachsen wie sein Herr Vater. Uebrigens ist er ein gescheiter, sehr wohlwollender, und durch und durch Ehrenhafter Herr, den Dänemark gewiß mit Vertrauen als Herrscher begrüßen könnte. Es ist eine große Energie und Tüchtigkeit in ihm. Große Sensation hat hier die Heirath des dänischen König's gemacht, damit scheint doch eine andere Erbfolge ziemlich verbürgt. /

Von Beaulieus habe ich Ihnen leider eine Trauerbotschaft zu sagen, die liebe gUte Frau von Beaulieu starb vor 2 Monaten nach mehrmonathlichen schrecklichen Leiden, an einer Art Wassersucht, die ganze Häuslichkeit ist dadurch gestört, und Sie können denken wie schmerzlich namentlich ich diesen Verlust empfunden da ich mich wirklich wie Kind im Hause dort fühlte. Der alte Herr von Beaulieu ist fast den ganzen Sommer in Rastede zum Besuch des Großherzogs. Carl war kurz vor dem Tode der Mutter mehrere Monathe hier. Am schwersten lastet dieser Verlust auf Alex, der die Schläge des Schicksals noch wenig erfahren. Er ist schon seit einem Jahr in Göttingen und augenblicklich zur Kur in Helgoland. Wegen Ihrer Briefe hat er nach Heidelberg geschrieben, aber nichts darüber erfahren können. Edmund ist hier, aber nicht heiter, er sehnt sich nach einem bewegten Leben. -

Mayers geht es gut, sein Bruder der Bildhauer hat hier einige hübsche Arbeiten gemacht, namentlich auch eine ganz ausgezeichnet gelungene Büste von mir. - Oersteds interessantes Buch: »Der Geist in der Natur« findet auch in Deutschland überall die größte Anerkennung, ich habe mich ganz darin vertieft. Ein Buch macht jetz viel Aufsehn: »Nach der Natur« von einem schlesischen Gutsbesitzer, es ist wunderbar bedeutend. Sonst wüßte ich wenig Neues von Belang. Aber meine Schreibzeit ist zu Ende, lieber Andersen, soll mein Brief heute noch fort, und das mögte ich doch gerne. Leben Sie recht herzlich wohl, und ob Krieg ob Frieden, vergeßen Sie die deutschen Freunde nicht, die für Sie stets das alte Herz behalten. Mit treuer Freundschaft

Lina von Eisendecher.

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