Abenddämmerung
Der Abend ist so stille, der Himmel ist so blau!
Und alle Vöglein baden sich in dem milden Thau;
Sie nicken und sie träumen, o stör' nicht ihre Lust!
Es bauen sich ja Welten selbst in der kleinsten Brust.
Im Traume schwingt die Lerche sich in die frische Luft,
Was jede Blume fühlet entathmet sie in Duft.
Die Welt, die schöne, weite, mit ihren Welten klein,
Und aller Himmel Himmel schliess' ich im Herzen ein.
Im Auge glänzt die Thräne und lächelt doch vor Lust,
Gern drückt' ich jedes Wesen an meine frohe Brust!
Sieh' alle Sternen blinken, der Abend dämmert sarht: -
Lass nur die Stürme steigen, und nah'n die schwarze Nacht;
Schlaft süss, und träumt ihr Vöglein! Auch Blümchen netz' der Thau,
Im Herzen ist es stille, dort ist der Himmel blau!
Liebe Frau von Mosen erinnern Sie sich
freundlich meiner
Ihr innig ergebener
H. C. Andersen
Oldenburg den 17 December 1845.