Dato: 12. juni 1841
Fra: Ludwig Ross   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Athen, 12 Junius 1841.

Verehrtester Herr und Freund!

Mit Beschämung greife ich zur Feder, weil dieser Brief jedenfalls 14 Tage später zu Ihnen gelangt, als Sie ein Recht hatten zu erwarten. Auch muß ich die Wahrheit gemäß gestehen, daß Freund Sonnleithner erst heute morgen Ihren Briefe nach Trieste geschrieben hat: während Beides schon mit der Post vom 27 Mai hätte geschehen sollen. Verzeihen Sie mir diese Vernachläßigung Ihres Auftrages. Ich hatte kurz nach Ihrer Abreise die Ehre, S.S. M.M. auf einer Reise nach Sparta zu begleiten, dann waren wir wieder einige Tage in Athen, und Ende Mai ging es wieder nach Korith, von wo unsere verehrte Königinn sich am 2 Juni nach Deutschland einschiffte. Durch diese wiederholten Hofreisen bin ich mit meinen eigenen Privatgeschäften (dem Druck meines Buches, meiner Correspondenz u.s.w.) so sehr ins Gedränge gekommen, daß ich auf Ihre Nachsicht für die unfreiwillige Verzögerung glaube rechnen zu dürfen, zumal da Sie diesen Brief gewiß noch in Wien findet.

Von hier kann ich Ihnen wenig Neues melden, da wir die großen Neuigkeiten auf nächste Woche nach Mamokodetos Ankunft erwarten. Die Geselligkeit liegt für jetzt ganz darnieder; Das Hof ist verödet seitdem die Königinn mit ihrem sämtlichen Damen ihr verließen; Frau v. Pr. ist am 23 Mai nach Smyrna gereist, andere Familien sind aufs Land oder in den Piräus gezogen. Der Kronprinz verweilt auch hier, wird aber auch bald abreisen. Nur die Familie Ulrichs hält sich aufrecht. Ueber meine eigene Reisepläne habe ich noch nichts entschieden. - Prokesch, Sonnleithner, Hansen, kurz alle hiesigen Freunde erinnern sich oft gern Ihres lieben Besuchens, und verlangen wieder von Ihnen zu hören. /

Wenn Sie wieder nach Kopenhagen kommen, bitte ich Sie auch, mich den gnädigen Andenken, S.M. des Königs unterthänigst zu empfehlen, und alle Freunde die sich meiner erinnern, bestens zu grüßen: Prof. Madvig, Petersen, Bröndsted, David u.s.w., auch den Griech. Consul u. Herrn v. Falbe nebst seiner ganzen Familie. Ueber kurz oder lang werde ich mich noch einmal wieder in der Heimath sehen laßen.

Mit diesen flüchtigen Zeilen muß ich heute Abschied von Ihnen nehmen. Ich bin mit Ausgrabungen in Piräus für S.M. beauftragt, war gestern den ganzen Tag unten, und muß auch heute Vormittag wieder hinunter. Meßen Sie nicht der Maß meiner Freundschaft für Ihr reines Gemüth u. meiner liebevollen Erinnerung an Sie nach der Länge dieses heutigen Briefes. Sie würden sich selbst und mir Unrecht thun.

Mit herzlichsten Zuneigung

Ihr treu ergebener

L. Ross

Tekst fra: Solveig Brunholm