Dato: 29. august 1844
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

Glorup d: 29 [aus 27] August 1844.

Mein edler Herzog! Nach meiner Abreise von Weimar, sind, täglich, darf ich wohl sagen, meine Gedanken dahin geflogen, da wo ich mich so heiter so glücklich gefühlt; sehr oft habe ich daran gedacht, da Euer Hoheit es erlaubt, ein Brief an Sie zu schreiben, aber immer fürchtete ich, daß ich mich zu schlecht in dem Deutschen ausdrücken sollte, und daß mein Brief wie ein Netzt von grammtikalischen Ungeheuren aussehen sollte; doch, jetz kann ich nicht länger meinem Schreiblust wiederstehen, Euer Hoheit will lachen, aber im Herzen verstehen, wie lieb Sie sind mir, wie innig mein Wunsch ist diese Liebe auszusprechen, und ich schreibe. Den eichenlichen Sommer dieses Jahr, habe ich nur in Weimar, die acht Tage ich da war, getroffen, daher stehen die Erinnerungen dieser Tagen so glühend, sonnenbeleuchten; Weimar ist das Glanspunkt dieser kleiner Sommer-Ausflucht. Als ein schönes Kapitel von dem Märchen meines Lebens, stehen für mich die Abenden in Ettersburg; ich erinnere so lebendig das kluge, gesegnete Ausdruck in Euren und Eurer milden Gemalinns Augen; ich erinnere die Volksfest zur Freude des 24 Juni, die Bauern die nach den Bändern kletterten auf den Schlaraffenstang, die duftenden Linden, mit den bunten Lanternen, unsre Wandrung, mein edler Herzog, durch den Wald, nach dem Baume, wo Zeus mit sein Blitze / auch seine Nahmen neben Göthes und Schillers, schreiben wollte. Ich erinnere Alles so klar, und bald, ich hoffe es, giebt meine Muse mir eine Dichtung der ettersburger Journal würdig; es soll nicht vergessen werden, ich warte aber bis ich etwas würdiges bringen kann. Da aus Weimar ich fuhr und ueber die Brücke an der Mühle wollte, kamen mir die Thränen in die Augen, ich war so sonderbar weich, es war als ging ich aus der Heimath, den so war mir durch die lieben Freunden da in den wenigen Tagen, Weimar geworden; und darf ich Euch, mein Herzog, es sagen, Sie und Ihre liebliche Gemahlinn traten in meiner Erinnerung hervor, als Menschen, fest in meinen Herzen hineingewachsen.

Mein Aufhalt in Dresden und Berlin waren mir sehr interessant, nie hatte ich geglaubt das meine Schriften in Deutschland so gelesen und geliebt waren, wie ich jetz erfuhr; ich habe so viele Zeichen von Liebe und Aufmerksamkeit empfangen, das ich ganz weich und demütig im Herzen war, und dem guten Gott dankbar für al die Freude und Glückseligkeit die er mir spendete. Beym Minister Sa[v]igny habe ich mit die Bettina Bekanntschaft gemacht, sie ist eine eigenthümliche, geniale Natur, ich hatte das Glück ihr zu gefallen, sie war mir gut, beschenckte mir so gar mit ihrem letzten Wercke.

Die Hahn-Hahn hat ein kleines, allerliebstes Verslein für meine Album geschrieben, es klingt so:

Andersen

Solch ein Gewimmel von Elfen und Feen,

Blumen und Genien im fröhlichen Scherz; /

Aber darüber - viel geistiges Wehen,

Aber darunter - ein trauriges Herz. Ich war in Berlin grade damahls als das abscheuliche Attentat gegen den König statt fand; die Freude ueber des Königs Rettung sprach sich in Worten und Freude aus; des Abends waren die Häuser in der Straße, durch welche ich zu hause ging illuminirt, es machte einen tiefen Eindruck auf mich.

Jetzt bin ich in Dänemark, und Gast beym Excellenz Graf Moltke, auf seinem schönen Gut Glorup in Fühnen; Euer Hoheit kennt, durch: "nur ein Geiger", diesen freundlichen Aufenthalt. Die Kaiserliche Hoheit, Eure Mutter, versprach mir gnädigst, sie wollte das Buch durchlesen, ich möchte das es sie angesprochen hatte; darf ich es wagen Eure Hoheit zu beten mich bei den großherzoglichen Eltern in gnädigster Erinnerung zu bringen. Sie, mein Herzog und Eure edle Gemahlinn, sind mir immer im Herzen, ich bekomme wohl, nach Eurer gnädigsten Versprechung, beyde Portraits aber wie sie leben und athmen mir im Busen, erhalte ich kein besseres Bild. Ich möchte das ich hoch genug im Range und Glücke stande daß ich meine Liebe und Theilnahme zeigen konnte.

Wieck, Insel Föhr, 9 Sept: 1840.[soll heißen: 1844]

Das Schicksal des Menschen ist sonderbar; ich hatte diesen Brief schon so weit vollendet, da kam ein Schreiben unseres Geheime-Staatsminister des Grafen Rantzau-Breitenburg, daß [eingefügt: daß] ich von unserer gnädigen Koniginn, die von meinem Aufenhalte auf Fühnen Kunde hatte, eingeladen wäre nach dem Nordseebade auf Föhr zu kommen, woselbst sich die Majestæten / aufhielten. Seit mehreren Tagen lebe ich nun schon hier, und im Besitze bereits viele Beweise der höchsten Gnade. Ich habe mehrere Lustfarten nach kleinen Inseln in der Nordsee mitgemacht, und hoffe in meinen neuen Romane eine Abspiegelung von den Eigenthümlichkeiten dieser Inseln geben zu können; von Föhr gehe ich, einer Einladung der Herzoginn von Augustenb[u]rg zur Folge, nach Alsen, der waldschöne Insel in der Ostsee und bin dann im Anfang October in Kopenhagen.

in tiefster Ehrfurcht H.C. Andersen.

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen