Dato: 10. februar 1845
Fra: Carl Alexander   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

6 Carl Alexander an Andersen

Weimar den 10 Febr. 1845.

Mein lieber Freund

An einem unfreundlichen Morgen, als allerhand Unannehmlichkeiten auf mich einstürmten, erhielt ich Ihren Brief vom 20 Jan. Kurz darauf mußte ich hinaus auf die Jagd. Ihren Brief hatte ich bei mir, sein Anblick schon hatte mich erfreut und mit Ungeduld erspähte ich den Augenblick wo ich allein sein würde um ihn zu öffnen und zu lesen. Kaum war ich aus der Stadt so zog ich ihn hervor und riß ihn auf und ließ mir seinen lieben Inhalt hineinscheinen in mein Herz und meinen Geist wie die erwärmensten Sonnenstrahlen der schönsten Sonne. Und somit wäre Ihr Wunsch: "daß Sonnenschein über mein Herz und unsere Stuben auf Ettersburg kommen möchte" schon zum Theil in Erfüllung gegangen und zwar mehr noch als Sie es meinen, denn Sie wünschten mir nur den allgemeinen Sonnenschein, mein Sonnenschein an jenem Tage kam aber direct aus Ihrem gütigen und liebevollem Gemüth und aus Ihrer immer reichen Phantasie. Meinen aufrichtigsten und wärmsten Dank bitte ich Sie nun für alle / freundschaftlichen Gesinnungen, für alle Theilnahme, für alle Erinnerung anzunehmen, welche Sie mir erhalten und bewahren. Es ist, glauben Sie es mir, wirklich kein undankbares Herz, was dieses Ihnen ausspricht! - Wie anders als mit dem größten Dank, wie anders als mit der größten Freude könnte ich die Dedication eines Werkes von Ihnen annehmen, mein theurer Freund, ja noch mehr, wenn diese Eitelkeit erlaubt ist, so sage ich: daß ich stolz darauf sein werde, daß Sie mir eine der herrlichen Spenden Ihres Geistes besonders zueignen. Wenn mein Sohn erst so weit sein wird zu begreifen, daß es außer seinem Bettchen, außer der Brust seiner Amme und außer seiner Kinderstube auch [eingefügt: auch] noch ein Stückchen Welt giebt, so werde ich ihm Ihre Mährchen vorerzählen und so wird Ihr Name mit zu den ersten gehören die er lieben lernen wird [über gestr.: unl.]. Nach diesem Allen werden Sie hoffentlich überzeugt sein, daß von dem zerbrochenen Zauberspiegel Ihres Teufels keine Scheiben [aus: Scheibe] in meine Augen gesprungen sind. Was diese meine Augen Ihnen sagen mögen das ist auch wirklich dahinter gelegen, dies wissen Sie schon und niemals haben Sie zu befürchten, daß einer Ihrer Teufelchen mit einer Spiegel-Scherbe zu mir komme. Uebrigens wahr und tief ist der Sinn, welchen Sie in dem Kapitel aussprechen, welches Sie mir mittheilen. Indessen behaupte ich, daß nur Ihre Muse Ihnen / den Sinn, der so wahr darinnen liegt, erzählt hat, Ihren Augen sind alle Splitter der Welt fremd geblieben. - Ihre Bücher, die Sie mir durch die Buchhändler geschickt haben sind mir richtig zugekommen und ich (eingefügt: ich) verspreche mir vielen Genuß von der Lectüre dieser Werke; an einem Mährchen, der jungen Ente, habe ich mich schon ergötzt, aber ganz ungeduldig bin ich auf den Roman, von dem, wie Sie mir in einem Ihrer früheren Briefe schrieben, ein Kapitel in Ettersburg spielen soll. - Nicht weniger spannt mich die Oper an der Sie arbeiten und ich freue mich daß Sie auch dieses Gewand wählten um die Gebilde Ihrer Phantasie hinein zu kleiden, denn wohl ist Musik die beste Sprache für die Phantasie und zwar [und zwar aus: zwei unl. Wörter], vielleicht deshalb weil sie eigentlich nur Gefühl ist und aus diesem Grunde das am Besten auszudrücken im Stande ist, was sich nicht sagen sondern nur fühlen läßt. - Ich freue mich daß mein Brief von der Wartburg Sie unterhalten hat; das ist ein Ort für Sie; er ist (eingefügt: er ist) so durchaus schön, so poetisch, so einsam mitten in der reichsten Natur, ich hoffe Sie werden ein Mal mit mir all' dies Herrliche genießen. - Es spricht sich vom Sommer im Winter wie von einem Traum; als ein solcher erscheint mir nun auch unser Leben und Treiben in Ettersburg, wenngleich ich auch noch den Reigen unter der blühenden Linde zu hören glaube und ich noch recht gut den Freunde-Kreis im alterthümlichen Saale zu sehen meine. / Jetzt schläft und ruht das Schloß und der Wald. Oed und still sind die Zimmer, verlassen die Gärten und Wälder und eine dicke Eisrinde hat den schwatzhaften Springbrunnen zum Schweigen gebracht, bis, so Gott will, der Sommer den Zauber wieder lösen wird. Kennen Sie das Mährchen von der schönen Schläferinn im Walde, auch Dornenröschen genannt? und erinnern Sie aus demselben das Schloß um das die Waldgewächse, die Rosen und der Epheu so dicht gewachsen waren, daß es ganz in der Natur verschwand?; so kommt mir Ettersburg vor in seinen dichten Wäldern und mitten in seiner grünen Welt. - Soll ich Ihnen sagen und wiederholen, daß Ihr Andenken lebt und webt in dem Kreis Ihrer hiesigen Freunde und namentlich bei und in mir? Ich denke nicht, denn (eingefügt: denn) Sie würden es schon fühlen, wüßten Sie es nicht. Als eine Erinnerung an uns Alle schicke ich Ihnen beiliegendes Buch, welches jetzt bei Gelegenheit der Bildung einer Gesellschaft en(t)standen ist, deren Zweck die Errichtung einer Statue Herders ist. Sie werden manches Gute darinnen finden, manche Erinnerung an eine ewig denk- und rhumwürdige Zeit vor der ich mit Bewunderung und Sehnsucht stehe. -

Gern hätte ich dem Buche unsre Portraits

beigefügt, doch sind die Lithographieen noch immer nicht fertig; Sie werden ab(er) sie erhalten, so wie ich sie bekomme. Doch nun, adieu und gute Nacht; es ist spät und der Schlaf ruht immer schwerer auf meinen Augen. Ich bitte Sie, schreiben Sie mir recht bald wieder, Sie würden sich über die Freude, die Sie mir durch Ihre Briefe bereiten, selbst herzlich freuen, wüßten Sie wie groß die meine ist. Die herzlichsten Grüße von meinen Eltern und der Erbgroßherzoginn. Möge dieses Jahr Sie bald zu uns führen!!

Stets Ihr aufrichtigst ergebener Carl Alexander

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen (309)