Dato: 24. februar 1845
Fra: Heinrich Zeise   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Altona d. 24. 2. 45

Lieber Herr Andersen!

Vielen Dank fur Ihren lieben freundlichen Brief, den ich vor einigen Tagen entgegennahm, und in dem Sie mir ein Anerbieten machten, welches ich mit Freuden entgegennehme. Ich bin gern bereit die Übersetzung Ihrer Mährchen zu übernehmen, und werde deBhalb noch in dieser Woche mit Herrn Kittler Rücksprache halten.

Sie wünschen, daB ich Ihnen über Herrn Kittler Einiges mittheilen soll, was ich über ihn erfahren und was ich von ihm halte, werde ich Ihnem sagen, und Sie mögen dann aus diesen Mittheilungen sich ein Resultat bilden. -

Herr Kittler ist durch ein kaltes Wesen, welches er gegen viele zeigt in Hamburg nicht sehr beliebt; doch sein Charakter steht unbescholten da, und ich glaube, daB keiner auftreten und Nachtheiliges liber ihn sagen kann. Meiner individuellen Dberzeugung nach, ist er Kaufmann im hohen Grade, der die Vorzüge einer Dichtung nur dann empfindet, wenn sie gut im Handel geht; aber ich bin auch fest davon liberzeugt, daB, wenn er sich fUr einen Dichter persönlich interessirt, er Alles thun wird was in seinen Kraften steht, um dessen Werke zu verbreiten, bekannt zu machen, und gut auszustellen, und diese letzteren Eigenschaften haben ihm als Buchhandler einen N amen erworben. -

Von Herrn Boas kann ich Ihnen Manches mittheilen, ich habe namlich 4 Jahre in Landsberg a/W zugebracht, und an diesem Orte hat Boas sein Domicil. Er ist wie Sie sehr bezeichnend andeuteten ein Probenreuter, Jude durch und durch, im hochsten Grade anmaBend, eitel und geldstolz. Boas ist fiir Deutschland durchaus ohne alle Bedeutung, und obgleich er einen Band Gedichte, Supplementbande zu Schillers Werken und mehrere kleine Broschiiren iiber deutsche Literatur herausgegeben hat, dennoch unbekannt. Ich habe den Artikel, welchen Boas iiber danische Litteratur in dem Granzboten mittheilte, im vorigen Jahre gelesen, und was er iiber Sie mittheilte, emporte mich, und ich faBte schon damals den EntschluB seine Arbeit einer Kritik zu unterwerfen, es unterblieb jedoch; da er nun aber das Buch iiber Skandinavien herausgegeben und hierin wieder den Artikel liber danische Litteratur aufgenommen hat, so ist jetzt eine passende Gelegenheit ihn in einer strengen, gerechten Kritik ad absurdum :zu flihren. Ich werde sein Buch in den Krit. liter. Blattern besprechen, und wenn Sie, lieber Herr Andersen, mich auch auf Einiges aufmerksam machen konnen, wo er sich offener Unwahrheiten bediente, so wird mir dies ein willkommener Beitrag sein. -

Boas beabsichtigt auch ein skandinavisches Album herauszugeben, und hat sich deßhalb an Dr. Wienbarg gewandt; Wienbarg las mir den Brief des Boas vor, legte ihn dann lachelnd weg, und sagte: "Ich kenne den Menschen gar nicht, und werde ihm auch keinen Beitrag liefern." -

Ihre Mährchen werde ich mit Vergnügen übersetzen, "Lykkens Blomst" möchte ich aber gern erst lesen, um zu sehen, ob ich mir Kraft genug zutrauen darf, Ihnen in Ihrem hohen lyrischen Schwunge folgen zu können, von Ihren Gedichten habe ich wieder einige iibersetzt, "Rosen", "Digterskibet", "Nytaarsnat", ich habe sie gestern an Wienbarg gegeben, und sie werden noch in dieser oder der nächsten Woche in den Krit. lit. Blättern abgedruckt werden, ich sende sie Ihnen dann sogleich mit den früher übertragenen zu.

Darf ich Sie bitten, Herrn Konferenzrath Oersted bestens zu grüßen und ihm zu sagen, daB ich ihm die Übersetzung der Rede, welche er in Christiania gehalten, recht bald in Manuscript zusenden würde. Von Herrn Dr. Wienbarg und meinem Vater soll ich Sie herzlich grüßen; es würde mich sehr freuen, bald wieder einiges von Ihnen erfahren, bis dahin

Ihr ergebener

H. Zeise

Am 22. Febr. gab die Mandimmische Gesellschaft41 in Hamburg in dem Streitschen Hotel einen sehr brillanten Ball; an dem auch viele deutsche Herren und Damen Theil nahmen.

Aufschrift:

S. T.

Herrn H. C. Andersen cand. philos.

zu Copenhagen

(Hotel du Nord paa Kongens Nytorv)

Tekst fra: H.C. Andersens Hus