Dato: 9. juni 1845
Fra: Carolina, Lina von Eisendecher   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

[Oldenburg, 9.6.1845]

Lieber Andersen! Obgleich Ihnen Herr von Wedderkop gewiß viel von hier erzählen wird, kann ich ihn doch unmöglich reisen lassen, ohne ihm wenn auch nur einige freundliche Zeilen für Sie mitzugeben; ich beneide Wedderkop etwas um seine schöne Reise, vorzüglich aber daß er Sie sehn wird, bis zum Herbst ists noch gar lang, und vorher kommen Sie wohl keinesfalls -. Es ist doch etwas schönes um das lebendige Wort zwischen Freunden, die Schriftzüge drücken immer nur zur. Hälfte die Empfindungen aus. /

Sie haben schöne Sommerpläne, wie mich das für Sie freut! Von allen Ihren schönen neuen Sachen ist noch wenig nach Deutschland gekommen, ich habe nur einige neue Märchen, aber mein Liebling »oIe luk öi » noch gar nicht einmal; mir ist es sehr unangenehm, daß es so lange dauert bis die Sachen im Buchhandel kommen, könnte ich nur Dänisch, dann würde ich mich um die deutschen Uebersetzungen wahrhaftig wenig kümmern, aber nun bin ich einmal darauf angewiesen. Wann kommt aber der neue Roman? Wissen Sie am 20. ist mein Geburtstag dazu versprachen Sie ihn im vorigen Jahr, ich denke so oft daran, und freue mich unendlich dazu. Bitte schreiben Sie mir etwas davon, wo er spielt und in welchen Verhältnißen, wenn Sie kommen, müssen Sie ihn mitbringen, ich rechne fest darauf.

Uns führt der Sommer auch in die Weite, und zwar hoffentlich nach dem interessanten Felsen Helgoland, wir werden erst spät dort sein, im Monat August, wenn Sie so früh von Dänemark fort könnten, müßten Sie auch noch auf einige Zeit hin kommen, und dann mit uns hier herreisen, das wäre doch ein schönes Wiedersehn, auf dem poetischen Eiland, mitten im Meer! Es wäre ganz präc;htig wenn Sie dort sein könnten! ich reise allein mit meinem Mann hin, die Kinder gehen so lange nach Bremen zu meinen Eltern.

In dieser Zeit habe ich mich auch mit der dänischen Poesie beschäftigt, und zwar den König Rene gelesen, aber denken Sie er gefällt mir garnicht, es ist so etwas kindisches wunderbares darin, ich begreife garnicht daß es in Dänemark solch ein Aufsehn macht. Jetzt ließt es Jerndorf, ich bin begierig was er dazu sagt, dieUebersetzung ist übrigens auch ziemlich mangelhaft, das thut doch viel zum Eindruck des Ganzen. Ist nicht Herz der Verfaßer?

Bei uns hier ist's jetz ganz herrlich, und Sie lieber Freund, können sich das Häuschen im Grünen nun recht hübsch denken, die Blumen und Bäume blühn herrlich, man vergißt all nach grade den schrecklichen Winter. Da fällt mir nun auch mein Geburtstags Brief für Sie ein, er ist jetz so alt geworden, daß ich ihn doch nicht mehr schicken mag, Wedderkop kann Ihnen auch alles erzählen, aber freilig nicht meine schönen Grüße und Wünsche für Sie! Die kann Ihnen Niemand so ausdrücken wie ich sie empfinde, vielleicht kann ich es selbst kaum. In beifolgendes Beutelchen habe ich noch Wünsche für Sie hineingehäkelt! Mögten sie doch alle in Erfüllung gehn! Aus dem angekündigten Käppchen ist ein Brief geworden, aber das darf Sie nicht wundern, ich fürchtete es bei der Kappe mit der Kopfweite nicht zu treffen, ein Beutel geht immer.

Für heut lieber bester Andersen müssen Sie mit diesem flüchtigen Brief zufrieden sein, die Freundin aus Bremen ist bei mir, da darf ich ihr denn nicht gar zu viel Zeit rauben, sie aber und mein Mann lassen Sie schön grüßen, und wir alle bitten daß Sie uns nicht vergeßen mögen, und daß wir bald von Ihnen hören!

Mit den allerschönste Gruß

Oldenburg den 9 Juni 1845

Lina von Eisendecher.

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