Dato: 8. september 1845
Fra: Carolina, Lina von Eisendecher   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Bremen den 8 September 1845

Vielen vielen Dank für Ihren Brief, lieber Andersen, der mich nach einer ziemlich langen Reise gestern hier fand. Wir waren recht verlangend nach Nachrichten von Ihnen, da wir sogar lange nichts von Ihnen gehört. Einen Brief den ich Ihnen von Helgoland nach Föhr schickte, traf Sie leider nicht dort, ich hatte sonst gehofft, Sie würden, wenn auch nur auf einige Tage den schönen rothenFels besuchen, wir hätten dort einige poetische Tage zusammen verleben können. Jetz können Sie sich durch Mügge, den Sie in Augustenburg sehen werden, von uns erzählen lassen, ich habe ihm ein ganzes päckchen Grüße mitgegeben. Sie glauben nicht wie schön es in Helgoland war! ich habe förmlich Heinweh dort hin, wo giebt es noch was Herrlicheres wie das Meer in seiner kolossalen Einförmigkeit, und doch nie langweilig; Stundenlang kann man hinein schauen, und es wird nicht eintönig. Und nirgends kann auch das Meer schöner sein, wie vor diesen 200 Fuß hohen Felsen. Am großartigsten war aber doch ein Sturm tag, den wir dort er erlebten, der Schaum der ungeheuren Wasserwogen spritzte bis oben auf dem Felsen. Es war ganz prächtig.

Von den Bädern verspreche ich mir für meinen Mann einen guten Erfolg, ich habe sie leider nicht so viel wie ich gewünscht hätte b_nutzen können, da ich oft leidend war, doch geht es mir jetz ganz gut wieder. Viele interessante Persönlichkeiten trugen auch wesentlich dazu bei uns den Aufenthalt in Helgoland angenehm zu nehmen. Und da nenne ich denn vor allen Mügge, der wirklich ein höchst interessanter liebenswürdiger Mensch ist. Helgoland ist eine Zauber Insel, die Jeden der sie einmal kennen gelernt hat, immer unwiederstehlich von neuem anlockt, wir müssen uns da auch noch einmal ein rendez vous geben, ich sehe schon im Geiste eine Menge süßer Märchen, aus Ihrem Aufenthalt dort entstehn. /

Seit 4 Tagen sind wir wieder hier, und denken Sie durch welche Nachricht wir gleich bei unsrer Ankunft überrascht wurden, daß nehmlich mein Mann mit dem Großherzog nach Griechenland reisen solle, und vorläufig nach Italien, er mußte gleich wieder abreisen, und ist wahrscheinlich heute schon in Prag. Obgleich nun das Ganze ja jedenfalls eine sehr interessante Reise sein wird, und ich mich auch deshalb recht darüber ge- . freut, so gestehe ich doch daß ich es seitdem ich gestern Ihren Brief bekam, sehr bedaure. Wilhelm darf unmöglich Ihren Besuch, zu dem wir uns beide so sehr freuen, verfehlen, und vor Anfang November, ist schwerlich an seine Rückreise zu denkep., und das wird Ihnen alle Pläne durchkreutzen, ich gestehe daß ich ganz trostlos darüber bin, denn zum zweitenmal Ihren Besuch zu verlieren, wäre zu traurig; wir hatten uns so unendlich auf Ihren längeren Besuch gefreut, und ich hatte mir schon alles so schön ausgedacht, wie ich Ihnen ein hübsches Schreibwinkel chenmachen wollte, das darf unmöglich vergebens sein. /

Könnten Sie nun nicht die Rücktour über Oldenburg nehmen? Sehn und holen müssen wir Sie jedenfalls. So wie mein Mann wieder da ist, wird uns auch jede Zeit recht sein, wenn Sie uns nur vorher einen Wink davon geben. Wir haben für den Winter nichts vor, und sind ruhig zu Hause. Ich bin wirklich ganz verzweiflungsvoll, bitte schreiben Sie mir gleich, und geben Sie mir Hoffnung daß wir Sie später sehn, ich denke jedenfalls daß mein Mann im Anfang November wieder kommt. Doch weiß ich noch nichts Gewißes, da er vor seiner Ankunft in Venedig nicht schreiben wird.

Ihr lieber interessanter Brief hat mir so große Freude gemacht! ich freue mich sehr wenn es Ihnen so gut geht, wenn Sie Anerkennung finden, denn Sie wissen schon ich bin ein wenig eifersüchtig auf Ihren Ruhm, und will durchaus daß Jeder Sie anerkennen soll. Ihr schönes Fest in Skanderborg hat mich lebhaft interessirt, aber keine Märchen, keine Lieder? was heißt denn das? ich kann mir Sie nur damit denken. Und der schöne Roman ist noch nicht fertig, Sie glauben nicht wie verlangend ich darnach bin, ich träume sogar davon, ein klein wenig können Sie mir wohl davon verrathen, wo er spielt, ob in Dänemark oder Deutschland. Sie schreiben von so vielen schönen Neuem in der Literatur, und hier erfährt man so wenig davon. /

Jenny Lind wird hier erwartet, ich hoffe sie zu hören, und will dabei Ihrer gedenken. 14 Tage bis 3 Wochen bleibe ich wohl noch hier, denn ich fürchte mich vor der Einsamkeit in Oldenburg, hier kann ich die Tr'ennung von meinem Mann leichter ertragen, aber schwer wird sie mir doch. Bitte schicken Sie vorläufig Ihren Brief nur hierher, aber bemerken Sie bei meinem Namen geb. Hartlaub. Der kleine Herr schickt Ihnen tausend schöne Grüße, er erinnert sich Ihrer noch sehr gut. Die hiesigen Freundinnen schicken auch viel Schönes, die Ältere der beiden Schwestern, kommt auch nach Oldenburg wenn Sie kommen.

Leben Sie wohl, lieber bester Andersen, und trösten Sie mich bald daß ich Sie nun nicht so bald sehe wie ich gehofft hatte!

Mit herzlicher Zuneigung

Liha von Eisendecher.

Tekst fra: Se tilknyttet bibliografipost