Dato: 30. december 1845
Fra: Carolina, Lina von Eisendecher   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

[Oldenburg,30.12.1845]

Sehr hat mich Ihr Brief aus Berlin gefreut, lieber Andersen, und ich sage Ihnen recht schönen Dank dafür, er war auch garnicht so »roh« wie Sie meinten, zum lachen nun mal garnicht, weder die Freundin noch die Frau von Eisendecher hätte lachen können. Von ganzer Seele freut es mich daß Sie hier zufrieden und gern gewesen sind, und es klingt gar schön daß Sie Olclenburg Ihre zweite Heimath nennen. Mein Mann war ganz böse daß ich ihn am Morgen Ihrer Abreise nicht geweckt habe, er hatte fest darauf gerechnet, nun läßt er Ihnen aber die allerherzlichsten Grüße sagen. Daß Sie den liebwerten Alexander noch sehn würden, wußte ich, denn er hatte es mir Tags zuvor gesagt. Beaulieus lassen Sie alle herzlich grüßen, auch Edmund der aber noch immer nicht ganz wieder wohl ist, ich halte ihn für etwas herzkrank. !

Alexander schwärmt übermäßig für Sie, ich necke ihn damit, das darf ich doch? Die junge Frau Beaulieu spricht auch noch viel von Ihnen, aber das thun ja Alle. Ihren Ring hat uns Heinrich gebracht, und bis zu Jhrer Rückehr soll er treu gehüthet werden. Der Großherzog hat sich sehr über Ihren Brief gefreut, ich habe ihn auch gelesen, und finde ihn beinahe so gut als wenn ich ihn corigirt hätte. Die Herzogin schickt Ihnen auch einen Gruß, und drückte mir lebhaft ihr Bedauern aus daß sie Sie bei Ihrem Abschied nur so sehr kurz habe sehn können, da der Baron Rennenkampf gewartet habe, mit Nachrichten von der Schwester aus Athen, wonach sie natürlich große Ungeduld gehabt. Den Hofdamen habe ich Ihren Gruß ausgerichtet, und eine freundliche Erwiederung für Sie. !

H. von Gall bedauert sehr Sie nirgends gesehn zu haben, er kam am Sonntag nach Ihrer Abreise zurück, ist aber in Hannover nur durchgefahren, und hat deshalb auch Ihren dorthin mitgenommenen Brief nicht bekommen. Gall ist sehr befriedigt von seiner Reise und namentlig von seinem Aufenthalt in Berlin, der ihn wesentlig durch die Lind verschönt ist; er hat sie in Leipzig und Berlin mit verschiedenen Proben 10 mal gehört, es gehen ihm aber wie Ihnen, er stellt sie als Mensch fast noch höher wie als Sängerin. Wie Gall sagt hat er die Lind" recht genau kennen lernen, und sie hat ihm versprochen auch hierher zu kommen; es wäre wunderschön! Erzählen Sie ihr, bitte, mit welch warmer Theilnahme unsere Herzen ihr entgegen schlagen. Fragen Sie sie doch mal wie ihr Gall gefallen, und ob sie wirklich so gut mit einander bekannt geworden. Frau von Gallläßt Ihnen auch die allerherzlichsten Grüße sagen, sie schwärmt noch immer in dem Genuß Ihrer Märchen, wovon sie allabendlich ihren Kindern vorliest, aber die Märchen müssen Sie lesen, ich mag sie jetz von Niemand anders hören.

Ganz schrecklich ist ja Ihre Diebsgeschichte, ich habe sie auch sehr gut verstanden, es ist so schlimm nicht mit den Fehlern, Sie müssen nur nie glauben daß Jemand darüber lachen kann, gewiß bekommt Ihre Briefe Niemand zu sehn, aber wenn es auch :wäre, man würde die Sprache des Herzens doch immer daraus erkennen, und das ist ja die Hauptsache. Ihr kleines Theater Abentheuer finde ich allerliebst, und kann mir recht denken wie verlegen Sie dabei wurden, aber machen Sie nur nicht gar zu viel neue Bekanntschaften, wenigstens keine Nähere, darauf bin ich eifersüchtig. Von ganzem Herzen freut es mich aber doch daß Sie auch in Berlin so verzogen werden, Sie sind ein Glückskind, oder vielmehr einer von den seltnen Menschen, dem jeder gute Mensch sich freundlich zuneigen muß. Das halten Sie nur fest, wie doch so unendlich viel Menschen Ihnen mit Liebe zugethap. sind, wenn einmal trübe Wolken durch die Seele ziehn, ich mags nicht wenn Sie traurig sind, in ein so weiches Gemüth wie das Ihrige, schlägt der Schmerz nur zu leicht tiefe Wunden. Aber schreiben Sie mir nun immer recht aufrichtig wies Ihnen ums Herz ist, wärmere herzlichere Theilnahme finden Sie nirgends. - Die Bettine ist doch eine sonderbare Person, für Sie paßt sie nicht, mit ihrem sprudelnden flakernden Wesen! Mit jungen Gazellen Blicke im Theater zu tauschen, finde ich aber doch sehr sonderbar; was wohl die kleine Finck dazu sagt! Die lebt in der Erinnerung, und trägt sich den ganzen Tag mit ihrem Album und den Mondbildern herum, und dabei weiß sie nicht einmal was Sie hineingeschrieben, meine schwachen dänischen Sprachkenntniße reichten nicht aus, ihr den tiefen Sinn zu erklären, aber das ist auch ganz schön, nun kann die kleine Dame sich Alles, was sie will dabei denken, und das ist oft ein Vortheil. Alle erwiedern Ihre Grüße auf das Herzlichste. /

Mosens sind sehr in der allgemeinen Meinung des Publikums gesunken, durch das dumme Benehmen gegen Kaiser. Gall ist ganz auf unserer Seite, und fest entschloßen Mosen durchaus nicht Recht zu geben. Mayer ist fleißig an einem längeren Aufsatz über Sie für die Weserzeitung. Sehr bedauern es Wedderkops Sie nicht mehr gesehn zu haben, namentlich war die Frau ganz untröstlich. /

Tuck und Gustave gedenken Ihrer auch noch viel, Tags nachdem Sie fort waren, sah die Kleine sehr andächtig Ihr Bild an, und sagte ganz betrübt, der Herr Andersen kann keine Märchen erzählen von der Mettwurst. Sie rechnen aber Beide fest auf Ihre Rückehr, und Gustave ist fest überzeugt daß Sie ihr dann aber solch einen großen Strauß mitbringen wie der Tuck hat. Aber auch wir rechnen fest auf Ihr Wiederkommen lieber Andersen, Sie glauben nicht welch eine große Freude uns Ihr Hiersein gemacht hat. Bitte schreiben Sie auch bald wieder, so lange Sie noch in Deutschland sind geht es, hernach wird es doch seltner werden. Schreiben Sie auch wohin ich antworten soll. Heute ist mein Brief doch lang, nicht wahr?

Nun aber auch Lebewohl, lieber Freund. Mit den allerherzlichsten Gruß

Lina von Eisendecher.

Oldenburg den 3° December 45. Meine besten Glück(wünsche] zum Neujahr! Morgen in der Scheidestunde des Jahres sind Sie wohl mit Jenny, ich will dann Ihrer gedenken!

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