Dato: 11. juni 1846
Fra: Carl Alexander   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

23 Carl Alexander an Andersen

Im römischen Haus zu Weimar den 11 Juny 1846.

Ihren lieben und interessanten Brief aus Neapel von dem 17 v. M. habe ich vor einigen Tagen zu erhalten das Vergnügen gehabt und hätte ihn schon längst beantwortet wären nicht tausend Abhaltungen, tausend Unterbrechungen und Störungen auf mich hindernd eingestürmt. Indessen hoffe und glaube ich immer noch daß diese Zeilen Sie, mein Bester, bei Ihrer Ankunft in Marseille empfangen sollen, wohin ich nach Ihrer Angabe sie adressire. In Kurzem also folgen Ihnen Gedanke und Wünsche nach dem "lande des Weins und der Gesänge", nach dem schönen, glücklichen und unglücklichen, gesegneten und verwünschten Spanien. Sie Glücklicher, wie sind Sie zu beneiden, mit Ihren zum Traum und Mährchen geschaffenen Augen das land zu beschauen auf dem Mährchen und Sage sproßten und blühten! Und dennoch schildert mir Sie Ihr letzter Brief als melancholisch, als traurig. Warum? Das frage ich Sie. Sind Sie krank / fast muß ich es befürchten, da Sie über die Hitze klagen, in dem Fall thäten Sie besser sich vor Spanien zu hüten und gen Norden sich wieder zu wenden und zu mir zurückzukehren und bei mir sich auszuruhen; oder sind Sie träumerisch geworden durch die geheimnißvollen Accorde und Melodien des schönen Himmels und der schönen Gegend? Wäre es das, so begriff ich es wohl, denn oft fühlte ich die magische Trauer und Schwermuth die oft in den schönsten Gegenden verborgen ruht oder von dem schönsten Abend ausgehaucht wird.- Daß Sie das stehen während der Segensertheilung des Papstes gewundert begreif’ ich, wohl kann man es citiren als einen die jetzige Zeit characterisirenden Zug.- Tausendmal danke ich Ihnen, mein lieber Freund, für den Abguß Ihrer Büste welchen Sie mir versprechen, ich will die Abbildung in meiner Wohnung beherbergen wie dies Original längst schon in meinem Herzen wohnt. Glauben Sie mir, daß Sie eine wahre Freude mir damit machen, noch mehr aber durch (aus: weil) Ihre stets treuen, stets innigen Gesinnungen! - Ich begreife daß Ihnen der Geist der Sculptur nicht so wie der der Malerei gleich sich aufschloß; ich begreife es, weil es mir ganz so gegangen ist, denn lange haben mich die Statuen kalt gelassen wie kalte / schöne Frauen, mit denen man sie so oft vergleicht. Man muß die Kunst erst fühlen ehe man den Hauch empfindet, welcher aus dem Marmorbilde weht; dann aber kann er ein mächtigerer werden als der welchen das Bild athmet. Die Bildsäule spricht immer im Lapidarstyl, wie die lateinischen Inschriften der Alten, den tiefsten Sinn verbergen oft die kürzesten Worte.- Jerichau war hier mit seiner Frau. Vorgestern sind beide fort. Daß wir von Ihnen sprachen, werden Sie mir glauben. Er hat ein fühlendes und denkendes Auge und gefiel mir gut; im hohen Grad bewunderte ich sein Talent. Eine Zeichnung zu einem Gesang der Ilias "an basrelief" ist der Meisterwerke Griechenlands würdig. Die Frau hat ein entschiedenes Talent für die Malerei, eine Skizze, drei auswandernde polnische Jünglinge vorstellend, bewunderte ich sehr. Warum in aller Welt malt sie aber immer übercolossal und noch dazu Gegenstände für die dergl. Dimension nicht passen, z. B. Mädgen am Brunnen? - Sie schreiben Ihre Biographie, o könnte ich sie doch gleich lesen! Sie rühren mich tief durch Ihre Freundschaft und durch Alles was Sie mir bei dieser Gelegenheit sagen, ich denke daß ich Ihnen stets beweißen werde daß [aus: so] Sie [aus: zu] Recht haben so zu denken wie Sie denken und / so zu reden wie Sie reden. Gott gebe seinen Segen zu dem Gedeihen Alles dessen was Sie Weimar wünschen; begeistert Sie der Name, so entflammt er nicht weniger mein Herz. Möge der Himmel schaffen, daß die Flamme nähre und nicht verzehre. Meine Eltern, meine Frau und meine jüngste Schwester, welche jetzt gerade hier anwesend ist laßen Sie grüßen, alle Ihre Freunde und Freundinnen senden Ihnen Grüße die Menge. In wenig Tagen gehen wir Alle, so Gott will, nach Wilhelmsthal dem schön [aus: schönen] gelegenen Schloß in der Nähe der Wartburg. "Nur ein Geiger" zieht mit mir dahin. Von dort aus schreibe ich Ihnen hoffentlich meinen nächsten Brief. Ich schwärme im Frühjahr umher wie die Bienen. Vor Kurzem bewohnten wir das Schloß von Dornburg an dem Sie vorüberfuhren nach unserer Trennung in Jena. Es liegt hoch auf den Felsen umgeben von hängenden Terrassen und Rosengärten. Es war herrlich dort oben so frei und rein. Addio, felicissima vita per sempre, tutte il mor’mil augur[i] das rufe ich Ihnen zu über Meer und Land Ihr innigst ergebener CA

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen