Dato: 26. oktober 1846
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

Kopenhagen 26 October 1846.

Mein lieber, theurer Erbgroßherzog! ich bin wieder in der Heimath, wieder bei den theuren Freunden da, aber noch nicht in Ruhe! Audienzen bei den hohen Herschaften, Vesitten bei den Lieben, auch Fremden aus Holstein, an mich empfolen, und die ich herumführen muß, und endlich ein qvalvoller Zahnschmerz, haben mir jede Stunde genommen, jeden Augenblich worinn ich so innig an Sie, mein lieber hoher Freund dachte, und in welchem ich schreiben wollte.

Sie wissen wie fest Sie für immer in meinen Gedanken sind, und in meinem Herzen hineingewachsen, aber heute kann ich es nicht länger aufschieben, ich muß schreiben, mein Sehnsuch ist groß, denn ich erinnere so klar und deutlich jedes Wort von Mund und Auge das Sie gesprochen habe. Gott segne und erhalte Sie für uns Alle, welche Sie lieben.

Ich bin beinahe zwölf Tage in Leipzig geblieben, auch in Jena verweilte ich, und Alles nur der gesammten Ausgabe wegen, die ich hoffe vor Weinachten herauskommen will. Über Oldenburg, wo ich ein Mittag zur Taffel angesagt war bei dem Großherzog und das erste Mal mit dem Prinz Wasa sprach, ging ich nach Hamburg und Kiel. Ich hätte gefürchtet daß das Reisen jetzt durch Holstein mich unangenehm sein wollte, aber ich fühlte mich sehr heimisch, ich fand die herzlichste, die freundlichste Aufnahme, hörte - Gott sey gelobt! - gar nichts von Politik; ja auf der Eisenbahn traf ich einen mir unbekannten Holsteiner, einen Gutsbesitzer, welcher, da er hörte meinen Nahmen, mich auf das freundlichste einlud ihm zu besuchen. In Kiel war ich anfangs, ohne Bekannte, das Wetter war stürmisch, ich / wollte nicht mit dem Dampschiff gehen, ich bin so leidend auf der See, ich dachte lieber über Land die Reise zu beendigen und verweilte deswegen noch zwei Tage in Kiel, wo Alles war ruhig, wo Alle waren mir freundlich und gut; ich war auch des Abends bei einem von den Professoren eingeladen; mehrere Herren, Gelehrte und Politikern waren da, aber kein einziges politisches Wort war gesprochen, und meine Gesundtheit sehr schön und poetisch ausgebracht. Ich kann nur loben und zufrieden sein. Das königliche Dampschiff Hekla kam nach Kiel um die Landgräffinn, Schwester des Königs, mit hoher Familie nach Kopenhagen zu führen; die Konigliche Hoheit war so gnädig mich sagen zu laßen, daß ich die Reise mitmachen konnte, der Kaptain übergab mir seine eigne Kajütte, ich hatte es so schön und beqvem! der Landgraff, der Prinz von Glücksburg, so wie alle die Prinzessinnen waren sehr liebenswürdige, und da es fing an mit Regen und Nebel, so daß wir schon vor Kieler-Bucht des Abends Anker werfen mußten, gingen die Stunden am Theetisch recht gemüthlich. Gegen Mitternach war es mondhell, und wir kamen in die Ostsee hinaus, aber es fing an mit Wind und Sturm, daß wir noch nicht Kopenhagen nächsten Abend erreichen konnten; zwischen "Amager" und die kleinen Graßinseln im Sunde, lagen wir die zweite Nacht; das Schiff schwankte, die Wellen schlugen, wir waren beinah Alle seekrank; ach, ich habe so gelitten! -

Früh des Morgens kamen wir nach Kopenhagen und schon auf der "Zolbude", fand ich die ganze Familie Collins, wo ich, wie Ihre Königliche Hoheit wissen, wie Sohn im Hause aufgenommen bin. Drei Tage, Morgen und Abend sind die theuren Freunde und Freundinnen darausen gewesen, selbst der alte Konferenzrath der liebe, liebe vaterliche Freund war auch da, o welch ein Empfang! Ich werde weich ums Herzs wenn ich daran denke. Ich habe viele wahre Freunde in Dänemark, in Deutschland. -

/ Tausend Dank für Ihre K: H: lieben herzlichen Brief, auch ein Gruß in d[ie] Heimath! jedes Wort von Ihnen klingt in meinem Herzen wieder. Bleiben Sie mir stets so gesinnt, meiner theurer hoher Herr - mein edler Freund!

Auch beim Konig bin ich gewesen, er war so herzensgut, so mild, ich habe ihm recht innig lieb! - Ja das muß ich Ihre K: H: erzählen: eben da ich aus Deutschland abreisen wollte, in Oldenburg, bekamm ich Brief aus Kopenhagen; ein DanebrogsBand lag darin, ein Gruß von Dänemark, der König hatte mich seiner Geburtstag zum "Ritter von Danebrog" ernannt; er wollte mir eine Freude machen, und es ist mir eine; auf so eine Zeichen königlicher Huld sehen vielen von der Dänen, das äusere Zeichen stellt den Dichter höher. Jetzt habe ich zwei Orden! ein Band für Deutschland und ein für Dänemark, jetzt halten sie mir beide mit sichtbaren Bändern. Ich erzähle es, denn es hat mich Freude gemacht, und Sie mein theurer Erbgroßherzog, weis ich nehmen Theil darinn.

Gestern bin ich bei der verwitweten Königinn gewesen, sie ist wohl und heiter; wir sprachen viel über das liebe Weimar; die edle, alte Dame war gerührt über die freundliche Grüßen an sie von den hohen sachsenweimarischen Herschaften. Ich mußte Vieles erzählen, auch von den kleinen Prinzen, von Ettersburg und Belvedere, und ihre Majestät äußerte die höchste Freude da ich erzählte es konnte möchlich sein, daß Ihre Königliche Hoheit vieleich einmal eine Sommertag nach Kopenhagen kamen. Sie bat mich ob ich ihr die Bilder von Weimar und Ettersburg zeigen wollte, sie war sehr innig und liebenswürdig und hat mir auf das herzlichste uebertragen Alle [doppelt unterstr. die hohen Herschaften zu Weimar, wenn ich schreibe an Ihre Konigliche Hoheit, Danck und Gruß zu überbringen.

Aus England habe ich die schönsten Nachrichten. "Des Dichters Bazar" ist in den letzten Tagen, ins Englische übersetzt, ausgekommen und mit auserordenlichem Beifall aufgenommen; man stellt mich, als Schriftsteller, auf einen Platz, daß ich kaum / weis ob ich treume einen eitlen Traum, wenn ich so was lese; aber Freude macht es mir. Auch aus England hat man mir ein Art Honorar angeboten, wenn ich die ungedruckten Bogen meiner neusten Schriften dahin abschicken wollte; jetzt will ich recht mit "Ahasver" und mit dem neuen Romane anfangen.

Meine Gedanken sind täglich in Weimar und auf Ettersburg, immer sehe ich Ihre milde Augen, so wie Sie, mein edler lieber Erbgroßherzog, mir in die Seele sehen konnten; immer höre ich Ihre treue, innige Worte; ja, Sie verstehen mich; wenige Menschen liebe ich so wie Sie, ich kann nicht anders! Leben Sie gesund und glücklich! Grüßen Sie die vortrefliche Frau Erbgroßherzoginn und die hohen Eltern! nie vergesse ich die hohe Gnade - doch das Wort ist arm und alttäglich, - die hohe Güte und Innigkeit, muß ich sagen, die mir Alle vergönnten; mein Herz ist voll von Weimar, meine liebe, zweite Heimath! Künftigen Winter, will Gott, komme ich dann wieder, ich fliege an Sie mein hoher, lieber Freund, an dem ich glaube fest für dieses Leben! -

Ich bedaure sehr daß die gnädige Frau von Redern krank ist, ich schicke meine innige Gruß und Theilnahme an sie; auch bei dem Grafen Beust bitte ich einen danckbaren Gruß überbracht, so wie an Frau von Groß, Kansler Müller, Schöll - - ja, wenn ich an Weimar und Ettersburg denke, rollt eine ganze Gemälde von lieben Menschen auf, und immer drängen mehrere freundliche Gesichter hervor; milde Augen blicken mich an; es ist so schön die Menschen und die Willt zu lieben.

Lebe wohl mein theurer edler Freund! Gott segne Sie! ihr inniger ergebener, treuer ,

H.C. Andersen

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen