Dato: 22. marts 1847
Fra: Carl Alexander   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

37 Carl Alexander an Andersen

W.(eimar) den 22 März 1847. Mitternacht.

Ich schreibe Ihnen heute, mein Bester, nicht um auf einen Ihrer lieben Briefe zu antworten - nein - denn seit Menschengedenken habe ich einen solchen nicht mehr von Ihnen erhalten - sondern um Ihnen zu sagen, daß ich die beiden ersten Bände der neuen Ausgabe Ihrer Werke erhalten habe. Der erste Band ist vorn mit einem eigenhändig von Ihnen geschriebenen Gedicht geschmückt. Zwar ist es dänisch, ich kann es nicht lesen, aber ich fühle Ihre liebe aus demselben hervor und dafür meinen herzlichsten, meinen innigsten Dank. Nicht weniger aber auch für die Werke selbst. In dem "Mährchen meines lebens" habe ich schon gelesen. Es ist ein klarer, reiner Spiegel Ihrer Selbst. Sie geben Sich so ganz wieder wie Sie / sind. Die Namen Weimar und Ettersburg und andere, welche daran sich knüpfen, haben mich hoch erfreut und gerührt, weil ich weiß und glaube das was Sie sagen Ihnen aus dem Herzen kommt. Ich billige, daß Sie gleichsam als Vorrede zu Ihren Werken, Ihrer eigene Seelenschilderung vorausgeschickt haben. Man wird dann um so mehr den eigenthümlichen Geist Ihrer Schöpfungen erfassen. Ich bin sehr neugierig auf Ahasver. Sie werden gewiß den reichen Stoff benutzen um uns die Welt oder vielmehr den Menschen in seinen vielseitigen Beziehungen zu derselben vorzuführen. Sie werden dann genöthigt sein mit dem eigenthümlichen lichte Ihres Geistes die Welt zu beleuchten. Sie werden dann uns sagen wie Sie sie sehen, wie jeder der sie reproducirt. Ein Jeder reproducirt / nur immer sich selbst. Je mehr nun dieses "Selbst" mit dem "Selbst" der andern Menschen harmonirt, für desto wahrer, treuer, richtiger gilt die Reproduction. Bisweilen kann Letztere wahr sein in sich, wie in den Augen des Beobachters, u. doch für falsch gelten vor dem Publicum. Wenn es nur wahr ist vor dem Reproducenden, dann ist er Herr seines Werkes, nicht das Werk seiner selbst. - Ich gerathe in das Philosophiren hinein ohne zu fragen ob Sie mich für wahr oder unwahr, für interessant oder für langweilig halten. Da das Sprichwort heißt: en cas de doute abstiens toi, so thäte ich am Besten meinen Brief zu schließen. Noch will ich Ihnen sagen, daß Hr. v. Spiegel die Theaterintendanz abgiebt und daß Hr. v. Ziegesar sie bekommen. Ich verspreche mir viel Gutes von diesem Wechsel, Sie müssen dann für unsere Bühne schreiben. Soeben schlug es 1 Uhr, nun will ich schließen, / leben Sie wohl und behalten Sie lieb Ihren treuen Freund

CA

Meinen Brief wollte ich absenden als der Ihrige vom 18 d. M. mich erfreute.- Durch sein Erscheinen mehr als durch seinen Inhalt, denn mit Bedauern habe ich aus demselben ersehen daß Sie krank waren und sich noch schwach fühlen. Bitte, schonen Sie sich, darf ich hinzufügen: mir zu Liebe? Die körperliche Gebrechlichkeit über welche Sie klagen betrübt mich und macht mich ängstlich. Consultiren Sie denn keinen Arzt? Ich habe mich mit Ihnen der Anerkennung gefreut, welche Ihre Werke genießen; Sie erfreuen Sich des Genußes wie ein Kind die Natur genießt, möge dieses reine Gefühl Sie stets beglücken! - Daß Sie den Tod der guten Wollzogen schmerzlich empfinden glaube ich wohl. Sie war ein edeler Charakter, ein schönes Echo großer Vergangenheit. Ich habe Erinnerungen mit ihr zu Grabe getragen, Erinnerungen die mir heilig sind, Erinnerungen die mich zum Vorwärtsdringen auf der Lebensbahn antreiben. Auf ihren Grabstein hat sie folgende Worte setzen laßen: "Sie irrte, liebte und starb in Christo, der allbarmherzigen Liebe". - Ueber den Improvisator will ich mich jetzt werfen; auf die neuen Mährchen bin ich ganz neugierig. Das Athenaum will ich mir kommen laßen. Neulich sprach ich viel von Ihnen in Leipzig mit (unl.) im Fregeschen Haus. - Sagen Sie mir doch was Sie diesen Sommer machen, wollen Sie nicht wieder zu mir kommen? - Ich möchte nicht daß Sie nach England gingen, das dortige leben würde Sie aufzehren und Sie krank machen. - Addio caro amico! CA

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen