Dato: 3. april 1847
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

Kopenhagen 3ten April 1847

Mein theurer, hoher Herr!

Heute Mittag habe ich Ihren lieben doppelt Brief erhalten, und ich schreibe augenblichlich, denn ich habe Drang und Sehnsuch mit Ihnen zu sprechen; wäre der Brief gestern gekommen, dann war er als Geburtstag-Geschenk erschienen; ich bin in dieser Beziehung noch ein Kind.

Ich habe schöne Blumen, Bilder und auch Nähe-Sachen bekommen; mein Mittag war bei Collins, ein Lied wurde gesungen, ich habe so viele freundliche Gesichter gesehen, ja, ich habe in der letzten Zeit viele Freude und Annerkennung im Vaterlande erfahren; auch die Sonne kam Gestern hervor, grüßte durch die Fensterscheiben in die Blumen hinein. Der zweite Feyertag, heute, bringt mir Eurer Konigliche Hoheits Brief.

Sie wissen kaum, wie ich Sehnsuch danach fühlte, und vielleicht - wenn ich offen und ehrlich sprechen darf - etwas "an sich selbst denken" lag zum Grunde: Ich habe über "Das Mährchen meines Lebens" so viel Erfreuliches aus Deutschland gehört, und auch in Dänemark erfahren, aber eben wie Sie, mein hoher Herr, sich darüber aussprechen wollte, erfühlte mich, denn ich habe so lebhaft beim Niederschreiben des Buches an Sie gedacht, ich wünschte so in Ihre Seele hineinzublicken wenn Sie mir in Streben und Leben recht kannte, wie Eurer Konigliche Hoheit es durch dieses Buch werden können. Ich / liebe den Freund so fest, daß ich bei Herzens-Sachen jedes geschriebene Wort in die feinste Wage lege und auf diese baue ich mein(e) Glück und Ruhe!

Mein hoher Freund, Sie sind mir im Herzen hineingewachsen, ich liebe Sie, ihre Freundschaft für mich sporrt mich an, und durch den lieben Gott - ich hoffe es - soll und muß ich, durch Geistesthaten meinen Platz behaupten! -

In Magazin des Auslandes steht eine Lobrede, Kritik darf [aus: kann] ich es nicht nennen, über das Mährchen meines Lebens, ich wollte das dieser Zeitung E. K. Hoheit für die Augen kam; ein mildes, edles Herz leuchtet durch alle Zeilen. Der König von Dänemark hat der Königinn das Buch vorgelesen, sie sprachen sich beide letzte Sonabend, da ich zur Thee angesagt war, so gnädig und theilnehmend aus. "Jetzt kennen wir Sie recht!", sagte die gute Königinn; beim Abschied war ich vom Konig selbst eingeladen zum Mittagstafel am folgende Tage, und beide Majestäten waren mir so liebevollen. - In Studentenverein, wo Øehlenschlæger auch bisweilen seine Schriften gelesen habe, las ich zum ersten Mahle in mehrere Jahren, neulich meine neuesten Mährchen, und es war ein intelligentes, dankbares Auditorium, ich hatte sehr viel Freude davon. Die junge Studenten sind mir sehr ergeben, der aufgewachsende Geschlecht steht für mich. Aus England klingt immer Lob und Anerkennung, ich bin nach einem Gut in d. Nähe von Edingburg eingeladen, Dickens schickt mir freundliche Grüßen, mein Vaterland ist mir gut, die deutschen Zeitungen nennen mir ein Sohn Deutschlands, ich bin gar zu glücklich, bisweilen fühle ich dabei eine Angst, als ob ich bald so viel Glück verlieren müßte, auch / Sie, mein hoher theurer Freund! ich fühle eine Unruhe, einen Schmerz d: Verlierens - ich weiß nicht ob es in der geistigen Spannung oder in körperlich[er] Schwäche liegt, ich spähe nach jeden (gestr.: Freundes) Worth und Auge des Freundes, ich fürchte immer das Verlieren. Ubrigens bin ich sehr fleißig, aber es ist als die körperliche Stärke geht, so wie das Innere wirksamer wird - aber es ist wie es sein muß! ich wünsche nur, daß ich frisch und gesund, geistvoll und klar zwei Jahre noch schreiben konnte, etwas recht Tüchtiges leisten, und dann in die große Ewigkeit hinein gehen. Geschiet es, dann denken Sie, wenn mein Nahme Ihnen vor die Augen kommt, oder wenn Dänemark genannt wird, an ein Herz, obwohl kein fürstliches, aber eines Dichters der Euch liebte und schätzte, Euch den höchste Platz gab er geben könnte. Leben Sie wohl, leben Sie glücklich! Ihr Konigliche Hoheits innig ergebener, treuer Freund H.C. Andersen

N.S. Copenhagen 9 April Ich bin wieder krank gewesen, darum geht der Brief erst heute! Leben Sie wohl und glücclich!

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen