Dato: 17. april 1847
Fra: Carl Alexander   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

39 Carl Alexander an Andersen

Weimar den 17 April 1847.

Ihr lieber Brief vom dem 3. d. M. ist seit 2 Tagen in meinen Händen und treibt mich an Ihnen meinen herzlichsten und wärmsten Dank auszusprechen. Vor allen Dingen aber empfangen Sie all’ meine Glückwünsche zu Ihrem Geburtsfeste, welche zwar nach demselben aber dennoch nicht zu spät kommen, denn wann überhaupt wäre denn der Wunsch für Glück nicht willkommen. Uebrigens bedarf es des Ausdruckes desselben nicht ein Mal, denn als Ihr Freund wünsche ich Ihnen ja Glück immerdar. Daß es in Erfüllung gegangen freut mich um so herzlicher, da meine Wünsche aus dem Herzen kommen, wie Sie wissen und ich nenne Erfüllung die Anerkennung die Ihnen zu Theil wird, die Zufriedenheit mit welcher Sie auf Ihr leben blicken, namentlich aber das Kindliche Ihres Gemüthes womit der Allgütige eine / wunderbare und herrliche Gabe Ihnen bescheert. Ich glaube Sie gut und tief zu kennen und eben deshalb preise ich Sie glücklich über den Besitz gerade dieser Eigenschaft. Mir scheint es daher doppelt natürlich daß Sie das Mährchen gerade als dasjenige Element ergriffen in dem Sie Sich am heimischsten fühlen. Sie selbst sind so etwas Aehnliches. - Die trüben Gedanken die abwechselnd mit den heitern Ihre Seele umschweben, wie die Stunden des Tages und der Nacht den Wagen des Helios, sind erzeugt durch Ihre augenblicklichen physischen Leiden, durch das poetische Princip in Ihnen, endlich durch die Phantasie, die glühende, die Ihnen zu Theil ward. Erinnern Sie Sich des schönen Freskobildes in Goethes Gallerie im Schloß zu Weimar?, welches auf des Meisters Dichtung: "Phantasie meine Göttinn" sich bezieht? Unten sitzt der Dichter von der Hoffnung gehalten und über ihn schwebt die Poesie (über gestr.: Phantasie) zwischen den traurigen und heiteren Gedanken, dem Zeus entgegegen. Sehen Sie so ist es auch bei Ihnen und so muß es auch sein und da es so ist so seyn Sie überzeugt / daß es gut ist, denn Alles ist ja zu unserm Besten und Frommen. Glauben Sie mir, ich rede aus Erfahrung. Nicht daß ich ein Dichter wäre, aber wohl daß ich Phantasie habe. - Daß Sie aber leiden betrübt mich, ich glaube bisweilen daß Sie keine vernünftige Thätigkeits-Diät befolgen. Sie sind noch immer angegriffen von der Hitze im vorigen Sommer, wie so Viele Nervenleidende. Ihre literarischen Absichten im Auge behaltend haben Sie auf Ihren Zustand nicht Rücksicht genommen, nun, geängstigt das Vorgenommene nicht erfüllen zu können, reizen Sie Ihre Nerven nur um so mehr; so zerfallen Sich in Sich selbst. Ich verordne Ihnen Ruhe und Mäßigung in der Arbeit damit Ihr Geist dann um so frischer weiter strebe. Ja ich verordne es Ihnen und Sie sollen mir gehorchen, ich habe ein Recht dazu denn Sie gehören mir zu. Einen ehrlicheren Egoismus haben Sie noch nie gewiß gefunden, er ist es dermaaßen, daß Sie ihn in ein Mährchen aufnehmen könnten, denn kein Mensch würde ihn (aus: Ihnen) für möglich halten. - Ich lese soeben die / letzten Zeilen Ihres Briefes die mich wahrhaft rühren. Sein Sie versichert daß ich Ihr Andenken treu und warm bewahren will und werde und was Sie mir zurufen, ich sage es auch Ihnen: leben Sie wohl und glücklich. Ihr

Sie herzlich liebender Freund CA

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen