Dato: 22. oktober 1847
Fra: Carl Alexander   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

49 Carl Alexander an Andersen

Baden den 22 October 1847.

Endlich, mein Bester, ein Brief von Ihnen - vielleicht sagen Sie von Ihrer Seite dasselbe von mir; ich will also lieber über dies Kapitel schweigen um so mehr wahrscheinlich gleiche Ursachen gleiche Folgen hatten: Sie reisten, ich that es auch, Sie bedurften an Ort und Stelle angekommen der Ruhe ehe Sie zu Sich selbst und zu der Feder gelangen konnten, ich auch - die gleiche lage wird die gleiche Gesinnung begreiflich machen. - Es ist mir lieb zu erfahren, daß glückliche Umstände Ihre Rückreise begünstigten und eine freundschaftliche Aufnahme den Wiedereintritt in die Heimath bezeichnete - nicht weniger lieb ist es mir, daß die Erinnerung an die Tage Sie nicht verläßt, welche uns vereinigte. Glauben Sie mir, daß Sie nicht der Einzige sind, der daran hält. Wer, außer Ihnen, es noch thut, gebe ich Ihnen zu errathen! - Für Sie, gestehe ich, bin / ich froh Sie wieder in Kopenhagen, in der Ruhe zu wissen, Sie bedurften ihrer. Die Reise, das anstrengende leben in England griff Sie sichtlich an, Ihre Nerven litten, vielleicht Ihnen selbst unbewußt. Die Ruhe, das geregelte leben, die Arbeit endlich, wird Ihnen gut thun. Teilen Sie mir ja dieselbe mit, es ist mir ebenderselbe, noch (über gestr.: unl.) höherer Genuß, Ihnen durch Ihr geistiges wie durch Ihr physisches leben zu folgen. Theilen Sie mir namentlich Ihre Beobachtungen über Alles mit was Sie sehen, selbst über mir Unbekanntes, denn nicht die Sache selbst so recht, als die eigenthümliche Art der Auffassung ist es die mich fesselt, die mir werth und bedeutend ist. Wie mannigfaltig würde die Welt uns erscheinen, könnten wir bisweilen dieses oder jenes Auge Anderer gebrauchen! Unser Urtheil würde oft viel richtiger werden, obgleich ich nicht zugeben kann, daß jedes Auge seine eigenthümliche (gestr.:Weltan)schauung hat, denn ich glaube, daß viele Monotonie in den Köpfen der Menschen herrscht. - Wäre dies nicht ein sujet zu einem Mährchen? ein Mensch borgt sich Augen, im Schlafe könnte er sie, so lange als / ein magischer Schlaf über die Menschen (die Menschen über gestr.: sie) käme, der über sie kommen müßte, dauerte, - im Schlaf könnte er, sage ich, diesem und jenem ein Auge nehmen und damit in der Welt sich umschauen, dadurch aber die eigenthümliche Anschauung der Bestohlenen erfahren und nun in ihrem Sinne oder diesen kennend, gegen ihren Sinn, handeln. Dadurch könnten allerhand Situationen und Complicationen und Verwirrungen entstehen! Diese Situationen aber geben wieder Gelegenheit Scenen aus allen Stufen der menschlichen Gesellschaft zu schildern und Ihr Talent würde aus meinem Gaukelspiel eine Geschichte weben an der die Welt sich zu erbauen hätte. - Seit fast 3 Wochen bin ich hier, meiner, aus Italien zurückgekehrten Schwester Gesellschaft zu leisten. In wenig Tagen, so Gott will, eile ich zurück nach Ettersburg wo ich so lange als nur möglich, zu bleiben gedenke. - Dahin also richten Sie bisweilen Ihre Gedanken. Die Einsamkeit in dem jetzt einsamen Baden hat mir gut gethan und manch, ich denke, guten Gedanken in den Kopf gebracht.

Für heute addio, ich eile von brief zu Brief, wenn auch mein Herz bei Ihnen lieber weilt als bei Vielen andern Ihr getreuer CA

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen