Dato: 18. august 1848
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

64 Andersen an Carl Alexander

Kopenhagen 18 August 1848.

Mein lieber, theurer Erbgroßherzog! Das war doch ein guter herzlicher Brief den ich vorgestern von Ihnen bekam - ein ganzes Stück von Ihrem Herzen, so innig, so gut! Kännten alle Menschen Sie so, wie ich Sie kenne, wie unendlich viele Freunde würden Sie dann haben! - Ich danke Ihnen, daß die Brieftaube sich nicht durch Kanonendonner und Pulverdamp hat verscheuchen lassen; doch käme sie auch nicht, ich würde doch eben so überzeugt davon seyn, daß mein Königlicher Freund meiner gedenke.

Ich bin jetzt einige Wochen in Kopenhagen, mein neuer Roman ist in das Englische übersetzt worden und nach London geschickt. Die Literatur gedeiht mitten unter dem Kriegslarm. Hauch hat soeben einen Roman vollendet, die Scene ist in Irland, Øehlenschl(ä)ger hat eine Ars poetica geschrieben; Alles geht im guten alten Geleise; das Theater wird wieder geöffnet. Für Gl(ä)ser (/: den Komponisten von der Adlers Horst) habe ich einen Operntext geschrieben; die Musik ist bald fertig. E: Konigl: Hoheit sehen wie im Reiche der Kunst, das Deutsche und Dänische hier neben einander gehen. Die Korn-Felder sind mit Reichthum gesegnet; selbst auf Dyppel, wo die Kardätschen geflogen / da wo die Lerche fliegen sollte, stehen die reichen Aehren dicht vor den Schanzen. Einer von meinen Freunden war so eben auf Alsen, und besuchte Dyppel. Er erzählte mir, wie alle Hauser von Kugeln und Granaten gespaltet und durchlöchert waren, und doch stand auf eine(m) derselben das Symbol des Friedens ein Storchennest mit der ganzen Storchenfamilie; Pulwer, Feuer und Rauch vermochten nicht die Aeltern von ihren Jungen, die noch nicht fliegen konnten, zu vertrieben. - Die Nachrichten aus Deutschland scheinen jetzt auf Frieden hinzudeuten, die großen Mächte wollen ihn; wenn die Bewegung des Gemüths sich gelegt hat, wird Vieles anders erscheinen als jetzt; ich hoffe mein kleines Vaterland wird auch sein Anerkennung finden. - Ueber die Behandlung der schleswig-holsteinischen Gefangenen steht in die Leipziger illustrirte Zeitung einen von einen Deutschen geschriebenen treuen Bericht, ich bitte E. K. Hoheit, lesen Sie diesen. - Die großen Schiffe, in welchen die Gefangenen wohnen, liegen in einem ruhigen Wasser, mit der Aussicht nach dem Sund; täglich gehen die Dampschiffe da vorüber, da ist Leben und Abwechselung, ich konnte mir keinen schöneren Aufenthalt wünschen. Die Gefangenen / haben täglich einige Stunden, in welchen sie auf die Küste spatzieren dürfen; es war ihnen so gar gestattet in die Stadt zu gehen, selbst offentliche Festlichkeiten bei zu wohnen, aber sie haben davon Mißbrauch gemacht, einige haben z. B. in einer Versamlung "Schleswig-Holstein" gesungen, daß dies unklug ist und für die offentlichen Ruhe nicht gedultet werden kann muß man einreumen. - Wenn die Blätter nur Wahrheit sprechen wollte, die stellen fast Alles was dänisch ist, in eine schlechte und falsche Beleu(ch)tung, daß jeder edle Deutsche, wenn er nur die richtigen Zusammenhang kannte darüber erbittert werden würde, Ach ich leide in meinen Herzen unter diesem Krieg! - Aber ich komme in die Politik hinein; ich will es nicht, "Friede, Friede!" will ich singen. An Weimar will ich denken, meine Gedanken sind so oft da, jede Nachricht davon ergreife ich gleich. - Wollen Ew. Konig: Hoheit mich in gnädig Erinnerung des großherzoglichen Hauses bringen. Der kleine Prinz Carl August wird wohl jetzt ein tüchtiges Stück größer seyn und bald meine Mährchen hören können. Diese haben in letzter Zeit eine neue Art von Bearbeitung gefunden. Der Komponist von dem Volksgesang: "Der tapfere Landsoldat" hat einige von meinen Mährchen in Tönen skizzirt, und sie werden jetzt von einen großen Orchester, in der / Strauß-Lannerschen Art, in Tivoli aufgeführt; die Kompositionen sind: die Nachtigall, die rothen Schue, der standhafte Zinnsoldat, Holger Danske. Wenn die Kompositionen im Druck erscheinen, will ich mir die Freiheit nehmen Ew: Konig: Hoheit ein Exemplar als ein neue Kuriosität zu zu stellen. Eins davon, die Nachtigall, habe ich gehört, die ist recht hübsch! Erst kommt die chinesische Musik, dann hört man die Nachtigall im Walde und beim Hofe singen, dann versucht der Kunst-Vogel derselben Thema im Drehorgelmanier, das Kunststück bricht in zwei; der Kaiser wird krank, sein guten und böse Thaten umschweben ihn; da kommt die lebendige Nachtigall zurück, singt, und der Kaiser geneset.

Wie lebt die gute Frau von Groß, d vortrefflichen Maltitz, Eckermann, Graf Beust, Beaulieu, wie steht es in Weimar, meine Gedanken sind so oft da; die sind so oft, wo mein Herz auch ist, bei Ew: Konigl: Hoheit! Gott erhalte Sie, freue Sie mein hoher, theurer Herr! Ihr K: Hoheits innig treuer H.C. Andersen Ist es wahr daß d: Professor Michelsen aus Jena ist gestorben?

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen