Dato: 27. august 1848
Fra: Carl Alexander   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

65 Carl Alexander an Andersen

Wilhelmsthal d. 27 August 1848.

Ihr lieber Brief von dem 18 d. M. hat mir viel zu sehr Freude gemacht, als daß ich nicht eilen sollte, Ihnen sofort es durch eine schleunige Antwort zu beweißen. Mir war es wirklich bange, daß die Blokade sich auch auf unsere briefe erstrecken würde und daß hätte mir wahrhaft wehe gethan; doch (aus: und daß kamen Ihre lieben, guten Zeilen an, theuerster Freund, und verscheucht war meine Sorge! Auch sehe ich Sie wieder heiterer, was mich für Sie, für Ihre Freunde, für die Welt, die gute Werke nur bekommen kann, wenn eine günstige Gemüthsstimmung sie (eingefügt: sie) schaft, freut.

Ettersburg den 31

Mein brief wurde unterbrochen, wie so Vieles in dieser Welt, doch daß er nicht, ebenfalls wie so Vieles in derselben, liegen bleibe, beeile ich mich den ersten freien Augenblick zu benützen. Ihre Zeilen von / neulich enthält eine gar schöne und poetische Stelle (aus: enthalten zwei schöne und poetische Stellen): die Storchfamilie als Sinnbild des Friedens und der Macht der Pennaten auf dem Schauplatze des Krieges selbst, auf Düppel

Ich (aus: und) habe diese Stelle wirklich genossen, wie man in der freien Natur plötzlich durch den Geruch einer Blume angezogen werden kann, aus deren Duft für uns tausend Erinnerungen und Bilder steigen. So ging es mir mit jener Stelle. Sie gestaltete sich mir zum vollkommenen Bilde und an dasselbe reihten sich Erinnerungen in langer Reihe. Ihre Mährchen alle waren oben im Nest, laßen Sie den Storch doch so oft in denselben erscheinen und eine Gestalt nach der andern, Kinder Ihrer Phantasie, zogen an mir vorüber. Ich verdanke Ihnen, wie schon so oft, einen freudigen, reinen Genuß! Welche Macht liegt doch in der Phantasie! Mit Recht nennt sie Goethe die lieblichste Tochter Jovis, ich wenigstens liebe sie unter seinen / Töchtern am Meisten. Sie giebt oft Schmerzen das ist wahr, aber auch Freuden, die wohl eine Abspiegelung der himmlischen sein mögen, da auf Erden so oft kein Rahmen sich zu denselben findet und so oft sie nicht begriffen und verstanden werden! - Bisweilen auch ist die liebliche Tochter wunderlich, dies beweißt z. B. die Idee Ihre Mährchen musikalisch zu behandeln. Wenn letzten in Versen wären a la bonne heure, aber auf diese Art ein eigenthümliches Werk aus der Eigenthümlichkeit heraus zu reissen und in einen andern Rock zu stecken find ich zum Wenigsten nicht geschmackvoll. Ich gedenke dabei in lachen an die Töne die ich weiß nicht in welcher Beethovenschen oder Haidnischen Symphonie das Frühjahr malen sollen und an den Abt Vogler der auf den Orgeln bisweilen Gewitter und Platzregen spielte und an jenes Project, ich weiß nicht von wem les mystères / de Paris in Musik zu übersetzen, worüber Liszt die Hände über den Kopf zusammenschlug! -

Nun zur Beantwortung einiger Fragen. Weimar ist ruhig, wird aber bisweilen versucht unruhig, durch republikanische Umtriebe, zu machen. Dem zu Folge entspann sich vor Kurzem ein Kampf, den aber die hiesige Bürgerwehr glücklich beendigt hat. Frau von Gross, Maltitz, Beaulieu sind wohl, ich kann nur von Hörensagen sprechen; denn seit VorVorgestern erst zurückgekehrt habe ich Niemanden noch gesehen. Ueberdieß lebt man jetzt natürlich wie die Camaldulenser, Alle wohl in einer Gemeinde, aber Jeder für sich in seinem Haus. Eckermann thut dieses von jeher, er hat seinen dritten Band zwischen seinen Vögeln, seinem Sohne und mir vollendet. Beust ist wohl, eben war er bei mir. Liszt ist immer hier und zieht heut Abend nach Ettbg. (Ettersburg), Michelsen endlich war gerade bei mir gewesen als Sie mich frugen ob er tod sey. Dem zu Folge war sein Tod ein Mährchen und wird es hoffentlich noch recht lange bleiben. leben Sie wohl, lieber, vortrefflicher Freund. Ich liebe Sie

mit meinem Herzen und meiner Phantasie, denn Beides findet in Ihnen Nahrung und Sympathie (aus: Phantasie). Ihr herzlich ergebener

CA

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen