Dato: 24. oktober 1848
Fra: Carl Alexander   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

67 Carl Alexander an Andersen

W.(eimar) den 24 (aus: 25) Octbr. (aus: Febr.) 1848.

In tiefer, stiller Nacht sitze ich und denke an Sie, mein lieber, treuer Freund, und schreibe Ihnen. Ich sehnte mich nach Briefen von Ihnen; da kamen Ihre Zeilen vom 16. Ich las Sie mit Freuden, mit wahrem, innigen Genuß. Neben all’ dem Freundschaftlichen welches er enthält und für welches mein Herz Ihnen dankt, sind Theile von dem Briefe von wahrem künstlerischen Werth. Ihre beschreibung des schwedischen Gottesdienstes, der Predigt von der Treppe auf Glorup, des Gebetes unter freiem Himmel und der Psalmen am Abend ist ganz vortrefflich. Sie haben als Dichter, als Maler, als beobachter vortrefflich skizzirt. Mich hat es so ergriffen, daß ich die ganze Scene vor mir sehe, so deutlich, daß ich von Erinnerung derselben reden kann, als hätte ich sie mit erlebt. Das thut die Phantasie, die göttliche Zauberinn, die Mächtige, / die lieblichste Tochter Jovis. Ich begreife den eigenthümlichen Reiz den dieser Aufenthalt in Glorup, unter diesen Umständen, für Sie gehabt haben muß; Ihre poetische Seele fühlte den ganzen Zauber (aus: Reiz), die ganze bedeutsamkeit der Eigenthümlichkeit, welche mir doppelt nahegeht, da sie, durch die Erinnerung, in die göttliche Sprache Jenny Lind’s

übersetzt, zu mir herüber tönt. Sie haben durch Ihre Schilderung meine Seele so besonders (aus: eigenthüm) bewegt, als wäre sie eine Harfe und sie hätten Accorde aus ihren Saiten gezogen, die lange noch nach tönen. In dieser beobachtung der Religiosität und zwar in dem größten aller Gebäude, die zur Ehre Gottes stehen, der Natur, liegt etwas tief ergreifendes. Und wahre Rührung empfindet man wenn man erfährt, daß dieses einfache Gebet zugleich ein Monument ist, was durch die Jahrhunderte hindurch den Ruhm des Glaubenshelden verkündet. Welch’ Poesie liegt darin! Sie fühlen dies / wie ich und gewiß, mein lieber Freund, thue ich keine Fehlbitte, wenn

ich Sie ersuche in der Poesie Ihr Gefühl hierüber zu ergießen. - Ich freue mich für Sie über die Zusammenkunft mit Friderike Bremer. Schreiben Sie mir, welchen Eindruck sie Ihnen gelassen haben wird und theilen Sie mir, bitte, das Bedeutendste der Conversationen mit, welche Sie mit ihr pflegen werden. Sprechen Sie ihr von Weimar, laden Sie sie in meinem Namen hierher ein und geben Sie ihr die Versicherung, daß ihre Romane in Deutschland

große Bewunderung genießen und ich von Herzen in diese Anerkennung einstimmte. Ich habe indessen die bekanntschaft von Fanny Lewald gemacht, die hierher kam und in der ich einen lebhaften, keken, scharfen Geist kennen lernte. Ich unterzeichne dies Wort, denn es charakterisirt den Autor von Diogena, jener piquanten und harten persiflage der Hahn Hahn. Ich würde der lewald dies Alles in’s Gesicht sagen, kann es also auch hinter demselben schreiben. Sie hat indessen den Muth ihres Geistes - und das macht daß man die große Schärfe (eingefügt: macht daß man die große Schärfe) verzeiht. Sie war durch Liszt sehr gefeßelt, d.h. durch seine Persönlichkeit und mit Recht, denn in der That er vereinigt eine Kraft der (eingefügt: Kraft der) Intelligenz, einen Schwung des / Gedankens, eine Ausdehnung der bildung, eine Energie des Willens, eine Eigenthümlichkeit der Individualität, wie ich nie etwas ähnliches gesehen habe. Die Fürstinn W.(ittgenstein) mit der er sich zu verbinden hofft, scheint mir seiner würdig. Sie ist sehr geistreich, sehr gebildet, sehr eigenthümlich, ich halte sie auch für gut und das wäre mir doppelt lieb für ihn, der einen großen Seelen-Adel besitzt. Wir haben ihn viel in Ettbg.(Ettersburg) gesehen; er bleibt ewig frisch. Seit wenig Tagen sind wir wieder in der Stadt, verjagt vom Wetter und angezogen durch mancherlei Geschäfte. Diese tragen das Gepräge der Zeit, sie sind ernst, sie sind trüb, aber ich laße mich nicht durch die Zeit überwinden, so Gott der Allgütige will. Auf Ihn hoffe ich fest, hoffe ich freudig. Er wird das Wahre in dieser Zeit läutern von dem Unwahren und es erhalten Sich selbst zum Ruhme. Deshalb höre ich auch nicht auf zu hoffen, und hiezu gehört auch das, daß wir uns wiedersehen möchten, warlich es ist nicht so schwer - denn wir sind Freunde und die Freundschaft braucht keine Politik um sich Wohnung zu machen. - Sehr freue ich mich über die beiden Baronessen, senden Sie mir sie ja; mein Kleiner dankt im Voraus für die illustri(erten) Mährchen. - Beaulieu ist wieder hier mit seiner schönen Frau; er war bei seiner Schwiegermutter auf dem lande. Frl. v. Kloch hat sich gestern mit einem Hrn. v. Bissing verheirathet. - leben Sie herzlich wohl, meine Frau, meine Eltern, Ihre Freunde - Alle grüßen.

Ihr

Sie herzlich liebender CA Schreiben Sie mir ja über Ihre Conversationen mit der Bremer.

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen