Dato: 18. august 1849
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

73 Andersen an Carl Alexander

Trollhätta in Schweden 18 Aug 1849

Mein lieber, theurer Erbgroßherzog!

Aus dem hohen Norden, von der Gränze Lappland komme ich eben her; im Früjahr verließ ich Dänmark, wo ich in dem kampfvollen Tagen zu keinen Nutzen war; ich habe Schweden bereist, bin oben in Dalkarlien gewesen wo kein Donner der Kanonen lautede, das glückliche, politisch-abgerundete Schweden, mit seinen sickreren Gränzen; vor drei Jahren träumte mir, daß ich mit Ihnen, mein edler Erbgroßherzog, die Reise nach Stockholm unternehmen sollte - und, wie verändert so vieles! ich reiste allein, aber Sie waren in meinen Gedanken, ja ich darf es sagen, täglich in meinen Gedanken, mit Wehmut und mit Trauer! - O Sie wissen es kaum, wie sehr, wie innig ich von Ihnen halte, wie fest Sie an mein Herz gewachsen sind, selbst habe ich es diesen Sommer recht verstanden. Auf meinem, im Frühjahre, letzten Brief an Sie, erhielt ich keinen Antwort, nachher sahe ich, daß weimarsche Truppen als Kontigent nach Norden marschiert waren und endlich laß ich daß Eurer Königl: Hoheit selbst mit zum Kriegsschauplatze gegangen waren - ich begriff die Verhälltniße, und trauerte tief darüber, schreiben konnte ich nicht mehr - - Aber jetzt klingen die Friedens Botschaften herüber zu mir, jetzt darf ich meinen Herzen folgen und dem Freunde mein Brief senden. Ganz oben in Schweden habe ich die Nachrichten so spät erhalten, aber eine Nachricht erhielt ich doch in Dalkarlien, eine meiner / Freundinnen in Danmark schrieb, daß der Erbgroßherzog von Weimar gleich v. Kriegs Schauplatz zurückgegangen sei; sie wußte wie nah er meinem Herzen lag! doch erst jetzt höre ich die Friedensklokken lauten, und ich kann wieder bei Ihnen sein, Ihnen in die ehrlichen, liebevollen Augen hinein sehn. Schweren Tage haben Sie, mein hoher Freund, gewiß diesen Sommer verlebt! ich dagegen bin geflogen wie von Fest zu Fest in dem herlichen Schweden. Meine Schriften sind auch hier unter den Leuten bekannt, und ich bin als eine alt(en) Freund aufgenommen worden; d. Theilnahme für mein kämpfendes Vaterland ist hier unendlich groß; die Begeistrung laut und herzlich ausgesprochen, es hat mich tief gerührt! - In Stockholm habe ich mehrere Wochen zugebracht, und im höchsten Grade waren die königliche Familie gut und gnädig gegen mich; der Konig ist ein edles Herz, ich fühlte recht Vertrauen zu ihm; wir sprachen auch zusammen von Ihnen, mein hoher Freund, und er sprach mit so vieler Herzlichkeit von Ihnen, daß es mich wohltuete; auch mit dem Prindsen Gustav wahren mehrere Mahle die Unterredung von Ihnen; ich schätze sehr dieser jung geistreicher Mann, er ist so gut und liebenswürdig; auch der Kronprinz kam mir sehr freundlich entgegen, ja die Koniginn reichte mir die Hand als Zeichen ihrer besondere Gnade, ich wurde einige Mal zur Tafel eingeladen, und von dem Konige selbst, zu dem großen Maneuvre auf seinem Geburtstage; Die Litteratueren, die Da(m)en und Herren, veranstaltteten ein Fest für mich, es war drausen im Garten, die kleinen Kinder streuten Blumen für mich, sie kamen mit Kränze und Guirlanten, ich war dabei ganz verlegen, und nahm es, wie ich konnte, als ein Spas, ein Spiel, küste ein Paar von den Kleinen, und beeilte (gestr.: ich) mich wegzukommen. Eine / ganze Woche lang war ich in dem alten Upsala, ich war da mit dem Dichter, Kammerherre von Beskow, dessen Tragedien Øehlenschläger im Deutschen gegeben hat; von da reiste ich nach Dalkarlien hinauf, und sah dort die herrliche Natur, ach wie wundervoll! die Thal-Elv ist noch herlicher als der Reihn, es ist ein durchsichtiger Meer, welche durch ewige Waldungen gleitet; welche großartige Wasserfälle, das bei Elfkarleby ist noch mehr imposant als der Schafhausener. Ich habe Fahluns tiefen Kupfer-Schacten und Gruben gesehen, ich bin darunt(en) i(m) tiefen Danemora gewesen. Auf die Zurückreise var ich bei dem alten Freunde Konig Carl Johans, den gut(en) alt(en) Graf Saltza, der hier als Geisterseher und Schriftsteller bekannt ist, ein Original aber edler, prächtiger Mann. In Motala Werkstätte, wo die Dampfschiffe gebaut werden, wurde ich eines Abends durch eine Serenade von den Arbeitsleuten überrascht, ich habe Gesange und Jubel erhalten, so was glaubt man macht stolz, ach nein, wie klein wird man doch dabei. - Später habe ich Kinnakulle bei Schwedens meergroße See Wennern besucht, ich hätte es heimisch und gut bei dem Grafen Hamilton. Die Natur ist hier ein blühender Garten, die Gebirge sehen aus wie Indiens meilenlange Templer, sie bilden sonderbare Formationen, wie Elephanten, Thürme und Kollomnen. Jetzt bin ich einige Tage bei Trollhätta, wohne mitten im Walde, nahe am Wasserfluß; bald gehe ich nach Götheborg wo ich Briefe von Dänmark finden werde, in 6 Wochen habe ich keinen erhalten, weil ich herumflatterte, von da lasse ich diesen Brief zu Ihnen fliegen, ich weiß daß ich in Ihrem Herzen, mein Hoher Freund fest stehe, wie Sie in dem meinigen. Sie haben an mich gedacht! unter blutigen Tagen an mich gedacht, was in meine(r) Seele vorging. Mein Herz ist ganz Danisch, aber meine wahre Freunde in Deutschland liebe ich noch, / [gestr.: und] - aber jetzt Friede!, Friede! Gott laße den Frieden über die Lander schweben! - Wenn diese Zeilen in Ihrer Händen sind, dan schreiben Sie bald recht bald, mein theurer Erbgroßherzog, froh und glucklich, von einer Heimath wo auch der Friede wohnt. Mit dem vollen Liebe meines

Herzens H.C. Andersen

Kopenhagen 8 Sep 1849.

erst jetz geht mein Brief ab! Gott mit Ihnen mein theurer edler Herre! ich glaube fest an Sie - Lesen Sie doch die Augustenburger-Briefe, herausgegeben von Wegener, Ihrer edlen Herz und alle edle deutschen Herzen die Wahrheit lieben (eingefügt: die Wahrheit lieben) vollen fühlen, dasß Dänemark ist unschuldig und gut, hat mit unrecht gelitten, und die Deutschen vollen uns noch inniger lieben! - ach lieben, Freunde sein, dass ist doch das herliche und bedste! Gott laß den Frieden über die Länder schweben.

Eur Konigl: Hoheit inniger Freund

H.C. Andersen

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen