Du har søgt på: +Det +Kongelige +Bibliotek

Gå til første fund  Tilbage til søgeresultaterne

Dato: 17. september 1849
Fra: Carl Alexander   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

74 Carl Alexander an Andersen

Belvedere den 17 September 1849.

Nun endlich ein Lebenszeichen wieder von Ihnen, mein lieber Freund! Wie lange schon sehnte ich mich nach einem solchen; ja, soll ich die Wahrheit ganz sagen, so muß ich nur gestehen bisweilen geglaubt zu haben: unsere Correspondenz sey durch den Krieg getödet worden. Ich glaubte es um so mehr, da ich auf meinen letzten Brief, den ich gleich nach meiner Rückkehr aus dem Feldzuge schrieb, nie eine Antwort von Ihnen erhielt. Aus Ihrem vorgestern erhaltenen Schreiben ersehe ich nun, daß Sie das meinige nicht erhalten haben. - Mag dem nun sein wie dem wolle, so sehe ich mit Freuden, daß die Politik, die Kanonenkugeln und die weitere Entfernung uns nicht getrennt haben. So bleibe es, mein Freund, laßen wir nie etwas zwischen uns kommen, lieben wir uns stets und halten wir fest an einander. - Sie schreiben mir Sie hätten meiner immer gedacht, auf allen Ihren Wegen, / auf allen Ihren Reisen. Nun ein Solches kann ich auch von mir versichern, denn wie hätte ich in die Herzogthümer kommen, dänischen Boden betreten können, ohne nicht Ihrer zu gedenken. Am Meisten war dieses in Schleswig, hauptsächlich aber in Gravenstein der Fall. Ich hielt in Schleswig bei dem Bielkischen Palais an. Meine Eltern hatten sonst in demselben gewohnt, ich wollte die Räume kennen lernen, die sie so lange geborgen hatten. Ein ältlicher Herr mit zwei hübschen jungen Damen stand an der Gartenthür. Er frug mich ob ich eintreten wollte. Als ich bejaend es that, redete er mich bekannt an. Es war der Herzog von Augustenburg mit seinen Töchtern. Er führte mich in das Haus, er zeichte mir die Räume, die einst, vor so vielen Jahren, von meinen Eltern

in Kriegesnoth und Angst bewohnt wurden (im Jahre 1806) und die ich nun, ihr Sohn, auch wieder in Kriegesnoth, nach so viel Jahren betrat. O welches Mährchen ist mährchenhafter als das leben! Die Herzoginn empfing mich. Wir setzten uns in eine Fenstervertiefung. Ich erkundigte mich nach ihren Söhnen. Sie waren beide im Krieg. Die arme Frau still weinend, klagte mir ihre Noth; wie ihre Söhne im Felde seien, sie selbst flüchtend, ihrer besitzungen verlustig, ihrer Habe beraubt, am Ende / einer glänzenden Vergangenheit, am Thore einer dunkeln Zukunft. - Diese Frau in Thränen, diese Familie von Geflüchteten, diese dunkeln, hohen, verwüsteten Zimmer, mit ihrer modernden, zerbrochenen Pracht, die mir, so fern von der Heimath, meinem beklommenen Herzen, von meinen Eltern, von ihren leiden, ihrer Noth erzählten - nie in meinem leben werde ich dies Bild vergeßen. Ich bin nicht der Richter über das (aus: die) Thun und laßen dieser geflüchteten Familie. Das versichere ich aber, daß wer sie in diesem Augenblicke sah, Mitleid mit ihr haben mußte. - Ich sprach von Ihnen in diesen Räumen. - Ich kam nach Gravenstein. Sie schrieben mir einst von da, aus demselben Schloße, wo ich jetzt und in welch’ Verhältnißen campirte! Im Hofe lag Stroh, lagen Wagen, trieben Soldaten ihr Wesen. Der Flügel wo die Königszimmer liegen, war ein lazareth für Krätzkranke, in dem andern Flügel wohnten verwundete Officiere. Oben drüber waren einige Stuben leer. Es waren die des Herzogs von Augustenburg und seiner Söhne. In diese Stuben quartierte ich mich ein mit meinen Adjudanten (aus: Herren). Ich dachte Ihrer viel. Im Park ging ich bisweilen umher. Nahe am Schloß waren Gräber gefallener Kämpfer. Ich hatte hier zum ersten Mal den (aus: das) Krieg vor Augen - ein seltsam Ding. Ich kann wie Hamlet (denke ich sagen) music - strange thing! - Von (aus: Nahe) den Anhöhen von Dyppel sah ich Alsen und Augustenburg. Es soll ganz zerstört / sein. Doch laßen Sie uns von diesen trüben Bildern auf die heiterern Ihrer Reisen übergehen. Sie scheinen einen Triumphzug durch Schweden gemacht zu haben. Wie freue ich mich darüber, wie so doppelt, da Sie ihn so sehr und ganz genossen zu haben scheinen. Ihre beschreibungen von Localitäten sind herrlich. Haben Sie kein Tagebuch gehalten, und ließe sich nichts daraus übersetzen? - Ich bin seit meiner Rückkehr lange in Ettersburg gewesen, dann in dem schönen Wilhelmsthal, im thüringer Wald, dann auf der Wartburg, Morgen, so Gott will, ziehe ich wieder auf

Ettersburg. Im October gehe ich wahrscheinlich auf ein Paar Wochen nach Holland. - Könnten Sie denn für den Winter, oder einen Theil desselben nicht nach Weimar kommen? Wie wollte ich jubeln mein Freund, wenn ich Sie da sähe! - Wie sehr wünsche ich Sie zum 28 August, zum hundertjährigen Wiegenfest Goethe’s hier zu sehen, zu dieser würdigsten Feier des würdigsten Festes. Mein Freund Liszt hat diesen Tag verherrlicht durch das Talent seiner Direction und das Genie seiner Composition. Ich habe ihm den Auftrag gegeben, zu (eingefügt: zu) dem Tasso eine Ouvertüre zu schreiben. Er that es mit aller Originalität, mit aller Kraft seines Geistes! -

Darf ich bald wieder auf einen brief hoffen? beweißen Sie mir bald, daß Sie diesen erhalten haben und gern dessen Sich erinnern, der stets bleibt

Ihr herzlichst ergebener Freund CA

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen