Dato: 10. februar 1850
Fra: Carl Alexander   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

78 Carl Alexander an Andersen

Weimar den 10 Febr. 1850.

Ihr schöner und ergreifender Brief von dem 27 Jan hat mich vor wenigen Tagen erreicht. Ich eile Ihnen, mein lieber Freund, für diese Zeilen zu danken. Mit Recht nenne ich dieselben ergreifend, weil die Wahrheit und Innigkeit des Gefühls wie des Gedankens, immer eine Macht, eine Art electrischen Einflußes auf die Seele äußert, welche auch wahr und innig zu fühlen versteht. So habe ich auf das Wärmste mit Ihnen den doppelten Verlust empfunden, den Sie als Freund wie Dichter erlitten, so mit Ihnen die hohe Poesie empfunden

die die letzten Stunden des Verewigten umfloß, wo er, wie der große Geist Sokrates, den er besang, sich durch die Ueberzeugung der Unsterblichkeit stärkte und somit sein eigenes Werk krönte. Ich / habe Ihren Brief meiner Mutter, meiner Frau und Beaulieu gezeigt damit sie meine Freude und Bewunderung theilen möchten und sie thaten es aus voller Seele. Ihr Vergleich zwischen der Sterbestunde des geliebten Dichters und der des geliebten Königs, ist treffend in die Schilderung gewoben. Sie besitzen in hohem Grade die Kunst die Saiten der Seelen-Harfe erklingen zu machen. Jener Vergleich ist mir ein neuer Beweiß hievon; wer hat nicht - der überhaupt in seinem leben sich gefreut oder gelitten - wer hat nicht, sage ich, dergleichen Vergleiche unwillkührlich gemacht, ihre Macht unwillkührlich empfunden! Wie oft ist im Vergleich allein der ganze Werth oder Unwerth einer / Sache, wie oft das ganze Glück gelegen. In diesem, Ihrem Fall indeß, war es nicht. Sie betrauern mit Recht den unersetzlichenVerlust. Den Gedanken sein Andenken durch eben jene Scene aus dem Sokrates zu feiern, finde ich schön. Diesem Gedanken und nicht weniger der nationalen Theilnahme schließen sich Ihre Verse würdig an. Diese Theilnahme hat auch (eingefügt: auch) etwas tief Rührendes und Ergreifendes. Es liegt etwas von dem Todenurtheil der Egyptier darinnen! -

Daß Sie mir in jedem Briefe drohen nie wieder zu kommen, wie auch daß Ihre Briefe immer weniger und seltener werden, thut mir wirklich leid. (W)odurch habe ich es verschuldet? Muß ich denn überall, selbst in der Freundschaft, auf die unselige Politik stoßen? / Halten Sie sie doch fern, recht fern von einem Verhältniß, welches Gott sey Dank, mir auf einem sicherern Boden zu wurzeln schien. - Sie thäten überdies für Sich selbst Unrecht Weimar zu meiden, denn es würde Ihnen Sympathie als Dichter hier weniger als je fehlen, indem bei uns fortwährend ein dem entsprechendes Leben sich regt. Liszt ist Mitten in demselben und belebt es mächtig. Neulich hat er bei mir eine

Vorlesung mehrer(e) Gesänge des Dante durch seine Improvisationen herrlich begleitet, heute Abend spielt er vor meiner Cousine von Orleans in der Gallerie Goethe’s. Wie schön wäre es wenn er eine Vorlesung von Ihnen begleiten könnte; ich lade Sie hirzu ein, bitte Sie um baldige Antwort und bleibe auf ewig Ihr treuer Freund CA

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen