Dato: 31. august 1851
Fra: Carolina, Lina von Eisendecher   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Frankfurt den 31 August 1851

Bei meiner Rückehr von einem kleinen Ausflug ins Gebirg, find ich zu meiner freudigen Ueberraschung Ihren Brief lieber Andersen, und zugleich aus Oldenburg die Anzeige daß der Buchhändler in Ihrem Auftrag für mich ihr hübsches Buch über Schweden geschickt habe, natürlich nehme ich nun augenblicklich die Feder zur Hand um Ihnen für beides den allerherzlichsten Dank zu sagen. Mit welcher Freude, nach so langem Verstummen, ich einmal wieder Ihre Schriftzüge erblickte kann ich Ihnen nicht sagen, ich weiß wirklich nicht wer von uns beiden zuletzt geschrieben, jedenfalls war es aber Unrecht eine so lange Unterbrechung zu machen. Zu meiner Entschuldigung kann ich wenig sagen, gedacht habe ich Ihrer in alter Weise, aber zum schreiben ließ es die abscheuliche Politik nicht kommen, wovon übrigens heute durchaus keine Rede sein soll, sie sind Däne ich Deutsche, wir können unsere verschiedenen politischen Standpunkte bewahren, ohne deshalb unsere gegenseitigen Gesinnungen zu ändern, und das soll auch gewiß fortan geschehen. /

Nun Zu Ihrem hübschen Buch, daß ich mir hier gleich bei seinem Erscheinen anschaffte, und mit den größten Vergnügen gelesen. Es ist wieder eigenthümlich in Ihrer Weise, gar keine Reisebeschreibung, und doch giebt es solch ein lebendiges Bild von Schweden, es hat überall sich Freunde erworben. Eigentlich konnte ich mir Ihr langes literarisches Verstummen garnicht erklären, es war fast für einen Dichter eine zu lange Pause, die Sie ohnehin nicht durch großen Reisen ausfüllten. Einen Ausflug nach Deutschland kann man kaum eine Reise nennen, die Eisenbahnen heben jede Entfernung auf. Aber wie schade daß Sie jetzt nicht über hier kamen, ein Wieder sehn ist doch beßer wie alle Briefe. -

Nun erzähle ich Ihnen aber in der Kürze von den Erlebnissen des letzten Jahres. Im vorigen Sommer machte ich mit den Kindern eine Badereise, der Winter entführte mir meinen Mann für 4 Monate nach Dresden, wo ich dann allein in 0ldenburg blieb, das Frühjahr brachte uns hierher, und jedenfalls werden wir im Winter noch bleiben, Frankfurt ist gewiß eine interessante Stadt, aber man giebt eine hübsche Häuslichkeit schwer auf, und so kann ich mich auch nicht recht hier finden, wo mir alles fremd und neu ist. /

In Oldenburg ist es im Wesentlichen beim Alten. Unser Erbgroßherzog hat sich ganz nach Herzensneigung verlobt, wodurch ein junger Hof, und mit ihm neu es Leben nach 01denburg kommt. Der alte Beaulieu ist fast vergnügt von seiner griechisch türkischen Reise mit dem Prinzen zurückgekehrt. Alex hat gestern sein Examen hoffentlich glücklich überstanden, Edmund ist versetzt in eine Scheinprovinz des Großherzogs, Birkenfeld, er hat uns hier schon einigemal besucht. Eugen macht mit seiner kleinen Frau eine Reise in die Schweiz, und von Karl wissen Sie am Ende mehr wie ich. Jedenfalls geht es ihm aber gut. Dr. Mayer ist einem Ruf nach Manheim gefolgt, und hat Oldenburg für immer den Rücken gewendet. Stahr schwärmt mit seiner Freundin Fany in der Welt herum. Karl und Gustave wachsen heran, haben Ihnen aber ein treues Andenken bewahrt. Beide senden Ihnen die zärtlichsten Grüße. Von meinem Mann kann ich Ihnen leider nichs sagen, da er schon seit 3 Wochen auf einer Reise begriffen ist. Nun Leben Sie herzlichst wohl lieber Andersen, schreiben Sie bald wieder, und etwas ausführlich über Sich und Ihre literarische Thätigkeit, Sie werden mich dann mit der Antwort auch nicht saumseelig finden.

Mit unveränderter Freundschaft

Lina von Eisendecher.

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