Dato: 20. oktober 1851
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

Kopenhagen 20 October 1851

Theurer, hoher Freund!

Wir sind schon im Spätherbst, Sie und die Königliche Gemalinn werden schon wieder in der Heimath seyn, auf dem anmuthigen Ettersburg oder in der lieben Stadt Weimar. Ich lasse meine Brieftaube heute dahin fliegen und hoffe ihr, wie immer, einen guten Empfang verbürgen zu dürfen.

Seitdem ich meine letzte Schrift: "In Schweden", an Ew: Konigl: Hoheit gesandt, habe ich nichts von Ihnen gehört; dieses Buch ist aus meinem Herzen gesprungen, und ich freue mich bei dem Gedanken, daß Sie das Buch kennen; in Dänemark, Schweden, England und Deutschland hat es sich viele Freunde erworben, aber unter diesen möchte ich am liebsten Diejenigen sehen, welche ich selbst schätze und liebe.

Im Stillen hatte ich eigentlich den Plan Ew: Konigl: Hoheit in Weimar persönlich zu überraschen. Ich wollte in diesem Sommer eine Ausflucht nach Deutschland machen, namentlich nach dem unvergeßlichen / Weimar, meine Freunde sehen, und namenlich Sie meinen hohen theuren Erbgroßherzog. Ich reiste, kam nach Sachsen; in Weimar aber, hörte ich, sei alles leer, die Besten und Liebsten seyn fort, Sie und die Königliche Gemalinn in St Petersburg, und Sie würden erst im September zurückkehren. Unter diesen Umständen wollte ich nicht hin zu der mir sonst so lieben Stadt; ich blieb in Dresden und Umgegend, besuchte Prag und Töplitz und war Ende August wieder hier in Dänemark.

Ich habe ein neues Drama für die Bühne geschrieben, ich finde es selbst recht gut und gemüthvoll; es würde mich freuen wen es auch für die Bühne in Weimar brauchbar wäre; d: Tittel des Stücks ist: "Fliedermütterchen". - Der Dichter Hauch hat unser Repertoire mit einem interessanten Drama bereichert. Dieses Stück: "Die Ehre, verloren und wieder gewonnen", spielt in Deutschland unter dem dreissigjährigen Kriege, die handelnden Personen sind doch nur Schweden in Gustav Adolphs Lager. -

Die Frau des Bildhauer Jerichau, eine, wie Eur: Konigl: Hoheit wissen, ausgezeichnete Künstlerin, / entwickelt sein Talent mit jedem Tag. Ihre zwei letzten Arbeiten sind: eine Karnevals-Scene, ein Balkon gefüllt mit schönen Damen welche Blumen herauswerfen, - das Ganze ist wie eine blendend schöne Georgine; das zweite Gemälde: zwei arme Bauerkinder, welche ein Lamm füttern, ist so dänisch-heimisch wie nur möchlich; dieses Stück, so natürlich, so lebend, so wahr, so gefühlt - sähe ich es in der Fremde, ich müßte mich nach der Heimath sehnen.

Wenn in einer schönen Stunde alte Erinnerungen Ihren Augen vorschweben, mein theurer Erbgroßherzog, und Sie auch mein Bildniß sehen, dann greifen Sie gleich nach der Feder und schreiben Sie. Nur Wenige können Sie mehr als ich schätzen und lieben.

In der lestzen Zeit war ich ofter bei Ihrer Majestät der Koniginn Witwe Caroline Amalia; sie hat gleich nach Ihrer Koniglich: Hoheit gefragt, ob ich Sie gesehen und gesprochen hatte auf Reisen, sie weiß wie viel Gnade Sie mir bewiesen haben.

Meinen tiefsten und innigsten Gruß an die Konigl: Hoheit, die Erbgroßherzoginn und an die Koniglichen Aeltern. Eur: Konigliche Hoheits herzlich und innig ergebener H.C. Andersen

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen