Dato: 30. oktober 1851
Fra: Carl Alexander   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

92 Carl Alexander an Andersen

Ettersburg den 30 October 1851

Sie haben den Namen hier oben, in der Ecke gelesen, mein lieber Freund, Sie wissen also wo mich aufsuchen, Sie wissen noch vielmehr aber, daß Ihre Erinnerung mehr als irgendwo mich hier umgiebt. Vor wenig’ Tagen erhielt ich Ihren Brief vom 20 d.M. Vor wenig Stunden sind wir hier her gezogen, der erste brief den ich von diesem Orte schreibe, ist an Sie gerichtet, Sie sehen also daß Ort und Bewohner dieselben geblieben sind. Draußen stöhnen die Herbstwinde, die blumen alle sind aus den beeten genommen, nur verspätete Rosen klettern noch an der großen Freitreppe umher; der Mond begleitet sie heut Nacht auf ihrem Pfad. Ich sitze in dem Ihnen wohlbekannten Eckzimmer, dem blauen, mit der Außicht auf / die weite Ebene. Das Feuer knistert im Kamin und comfortable an einem großen, alterthümlichen, geschnitztem Schreibtisch etablirt, schreibe ich Ihnen aus weiter Ferne. Zuerst (aus: Zuletzt): laßen Sie mich Ihnen herzlichst für Ihren Brief danken und die Freude aussprechen, die er mir verursacht. Sie haben recht gehabt nicht nach Weimar zu kommen, wo Niemand Ihrer Bekannten, wenigstens keiner Ihrer Freunde, gegenwärtig war denn (aus: und) nichts ist trauriger als ein solch veröderter Ort. Nun bin ich aber der Ansicht, daß man nie sich unnütz unangenehme Gefühle verursachen dürfe - ich theile hierinnen vollkommen Goethe’s Ansicht. Deshalb thaten Sie wohl nicht zu kommen. (eingefügt: Deshalb thaten Sie wohl nicht zu kommen.) Ihr buch über Schweden zu lesen eile ich jetzt doppelt, seitdem ich Ihr Bekenntniß über dasselbe kenne. Eilen Sie nun ja mir auch "Fliedermütterchen" zu senden. Vielleicht können wir es aufführen. An dem / jetzigen Intendanten, Beaulieu, haben Sie einen Freund auf dessen bereitwilligkeit Sie bauen können. Seit dem Frühjahr wo der vorige Intendant von einer heftigen Augenkrankheit befallen wurde, führt Beaulieu das Ruder der Kunst. -

Was könnte ich Ihnen nicht Alles von dem lande erzählen, in welchem ich diesen Sommer mich aufgehalten habe! Ob Sie das von mir Gefühlte leicht mitfühlen würden, ist eine andere Frage, denn da Rußland in vieler Hinsicht der Vergleichungspunkte mangelt, so ist kein rechter Anhalt zu dem Begriff für den, welcher es nicht kennt. Das Land hat theils eine ihm ganz eigene, theils eine aus dem Contact mit anderen ländern entsprungene Nationalität. Diese Letztere namentlich ist merkwürdig durch die sich begegnenden Principien des Orients und Occidents bei welchem indeß der (aus: die) Erstere bei weitem den überwiegenderen Theil abgiebt. / Es liegt etwas entschieden Eigenthümliches und höchst poetisches in diesem wunderbarem land, das alle Gradationen menschlicher Bildung umfaßt - Ich freue mich über das was Sie über Frau Jerichau’s Leistungen sagen, deren schönes Talent ich schon so vielseitig rühmen hörte. -

Was macht denn ihr talentvoller Gatte, der mich doppelt interessirt seitdem ich selbst bildhauer geworden bin und Kunstsammler überdieß. Ich habe schon eine sehr schöne Sammlung von Handzeichnungen berühmter alter Meister und bitte Sie dringend mich zu benachrichtigen ob und wenn Sie alte, schöne Zeichnungen mir verschaffen könnten. Wüßte ich die allverehrte Königinn Carolina Amalia könnte mir dergleichen verschaffen, ich würfe mich gleich ihr zu Füßen und bäte darum. In jedem Fall empfehlen Sie mich ihr zu Gnaden und sagen Sie ihr, ich sey durch ihre (Frage nach mir) tief gerührt. - leben Sie nun wohl, mein lieber Freund, meine Eltern, wie meine Frau grüßen Sie sehr; auf immer

Ihr herzlich ergebener Carl Alexander

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen