Dato: 2. april 1854
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

112 Andersen an Carl Alexander

Kopenhagen 2 April 1854.

Mein theurer edler Großherzog!

Heute ist es mein Geburtstag; fast alle meine Freunde hier habe ich heute um mich gesehen; die Duft der Blumen, die man mir gebracht, erfüllt meine Stube; außen scheint die Sonne so lieblich, an diesem Festtage der Dänen, (zum Andenken der Schlacht auf der Rhede in 1801), wehen die Flaggen auf allen Schiffen im Hafen vor meinen Fenster; ein Dampfschiff fliegt vorüber mit Hunderten von Kopenhagenern, die die englische Flotte in "Kjögebugt", nur wenige Meile von hier, besuchen wollen - und mitten in diesem bunten Leben fliegen meine Gedanken nach den Lieben hin, die ich an diesem meinen Festtage so gerne, ach so gerne gesehen hätte. Sie, mein theurer, edler / Großherzog! stehen zwar so hoch in der Welt an Rang, Sie haben Platz unter Regenten, und doch darf meine Seele fliegen an Sie, denn ich denke an Ihre Freundschaft und Ihre Güte für mich! Gott segne Sie mein edler hoher Herr!

Wir haben diesen Winter und Vorfrühling so viel(en) Bällen, Gesellschaften und Karnewalsfreude hier in Kopenhagen gehabt, und weil ich mich kräftig genug fühlte um die Einladungen anzunehmen, habe ich, beinahe alles mitgemacht. Der Prinz Friederich von Hessen gab, in Februar, einen großen reichen Maskenbal; besonders ausgezeichnet waren 2 Qvadrillen von Mousquetaires, die Kostümen waren überall prachtvoll und geschmackvoll. Spätter, in Anfang März, gaben die jungen Künstler ein Karneval, nur für Herren; in der jugendlichen Lustigkeit trat besonders hervor ein "Orchester aus Noahs Arche" das heißt: eine Samlung von Thieren, welche / ein großes Musikstück ausführten unter d(e)r Direction eines Löves. Unter anderen sah man einen sehr komischen Fisch und einen ausgezeichneten kalkutischen Hahn. Darauf wurde zum Besten armer Künstlerwitwen ein Karneval in Kasino gegeben; mehrere von den Professoren bei der Kunstakademie bildeten ein Komité und in dieser war auch ich. Alle die dramatischen Scenen und alle Gesänge hatte ich geschrieben. Die schöne Casino Pergola mit der großen Wasserkunst war in einem Gärten verwandelt mit künstlichen aber vortrefflichen ausgeführten Palmen und mit Blumen und frischem Grün aus dem Königlichen Garten. Das konigliche Haus und Corps Dipolmatique war zugegen. Auch die Studenten gaben ein Karneval zum Besten eines neuen Vereingebäudes; in bunter Abwechslung sah man Komoedie, Tragoedie und Ballet, alles kurz und parodistich; ein Paar Tausend Menschen bewegten sich in die reichen großen Sälen. - Jetzt weht / der Frühling und es ist mein Plan medio Maii über Wien nach Venedig zu gehen und von da nach München und Weimar. Zwar hält mich die dänische Herausgabe meiner Schriften zurück, aber auf sechs bis acht Wochen muß ich mich frei machen, und weil ich mich danach sehne.

Nach einige Wochen hoffe ich, wenn es Gott will, daß ich Eur: Konichliche Hoheit sehen soll und meinen Gluckwünsch bringen zu können. Die Reise wird, wie gesagt, kurz und schnel, aber nach Weimar muß ich, ob auch nur auf wenige Tagen, Sie zu sehen und begrüßen, mein edler theurer Großherzog! Mein tiefgefühlte Ergebenheit und Ehrfurcht bitte ich der hohen Kongl: Gemalin und der Kaiserlichen Mutter zu überbringen.

Ihr Konigl: Hoheit

dankbar, innig ergebener

H.C. Andersen

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen