Dato: 12. februar 1857
Fra: Carolina, Lina von Eisendecher   Til: H.C. Andersen
Sprog: tysk.

Lieber Andersen! Sie haben mir ein so freundliches Erinnerungs Zeichen aus Leipzig schicken lassen, daß ich meine erste freie Stunde; nach einer Sorgenvollen Zeit, dazu benutze Ihnen von ganzem Herzen dafür zu danken; Sie glauben nicht wie mich das Buch freut, es ist so reich an lieblichen tiefen Inhalt; einiges davon kannt ich ja, und liebte es schon, aber auch das, neu hinzu gekommne erfreut mich im innersten Herzen, es ist so recht wieder ein Stückchen Sie selbst, lieber Andersen, und wenn einem das gefällt, dachte ich wäre es für den Verfaßer schmeichelhaft genug. Und wie allerliebst ist das Buch ausgestattet, die Illustrationen sind sehr geistreich und hübsch, und wirklich in Ihrem Sinn. Noch einmal tausend Dank dafür! in unserm Hause erfreut sich jung und alt daran, die ganz Kleine will durchaus daraus vorgelesen haben, und obgleich sie nichts davon versteht, findet sie es doch wunderhübsch, und macht ein höchst verständig Gesichtchen dazu. /

Wo kommen Ihnen nur alle die poetischen Gedanken, in dieser prosaischen Zeit, denn das ist sie wirklich, oder ist sie's nur hier, ich weiß es nicht, aber ach jedes Buch was man in die Hand nimmt redet von Erfindungen und Börse, da kam nun Ihre liebe Historie ernst wie ein poetischer Frühlingshauch, und so war es wirklich, denn mit dem ersten warmen sonnigen Tag bekam ich das Buch, und seitdem könnte man glauben man sei im Mai so schön ist draußen. Aber so werden wir nicht durchkommen, es wird schon noch Sturm und Schnee geben, daß Veilchen und Schneeglöckchen sich wieder verkriechen. Führt denn der wahre wirkliche Frühling Sie aber nicht einmal zu uns, lieber Andersen, ein Wandervogel sind Sie ja einmal, und in Deutschland gelangt man zu jedem südlichen Ziel nur über Frankfurt. Was macht Ihr hübsches Pflegekind von da mals, daß gar keine Plaumen eßen durfte, und auch nicht mit der Madame Robin in der Schieblade liegen; es war doch hübsch daß man sich wenn auch nur flüchtig wiedersah. Ver rathen Sie mir ein bischen Ihre Sommerpläne, ich wüßte gar gerne davon. -

Wir leben angenehm und ruhig fort und sind gerne hier, Stadt und Land bieten eben mehr wie das kleine Oldenburg, wo es übrigens auch nicht schlimm war. In letzter Zeit haben wir viel Sorge um Gustave gehabt, die sehr krank war, jetz ist's beßer damit, aber es geht nur langsam vorwärts, sie hat in ihren kranken Tagen große Freude an der Historie gehabt, es ist ebendies tief poetische was Groß und Klein ergreift. Karl genannt »Tuck« wird uns im Frühjahr verlassen und auf die preußische Marine kommen, wir hätten lieber gehabt daß er einen andern Beruf gewählt hätte, aber seine Neigung war so entschieden, daß wir nachgeben mußten. -

Ganz speziell soll ich Sie von der kleinen Christa grüßen, deren allerbester Freund Sie sind, sie bittet aber sehr dringend daß Sie auch eine schöne Geschichte von der kleinen Christa schreiben mögten, da sie auch von Tuck und Gustave geschrieben.

Nun herzlichst Lebewohl lieb. Andersen, mein Mann läßt sehr. grüßen, wir alle bewahren Ihnen stets ein treues Herz und bitten auch ferner von Ihnen nicht vergeßen zu werden.

Mit alter Herzlichkeit

Lina v. Eisendecher.

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