Dato: 14. december 1857
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

133 Andersen an Carl Alexander

Kopenhagen 14 December 1857

Lieber, edler Großherzog!

Bald kommt die festliche Weinachtszeit, ich fliege aus der Stadt nach dem Gute Basnæs, um in ländlicher Gemüthlichkeit einige Tage zu leben. Wäre nicht das Meer und die große Strecke zwischen Kopenhagen und Weimar ich flöge gleich zu Ihnen in der heiligen Festzeit; nun kann ich nur in meinen Gedanken da sein. Königliche Hoheit, ich sehe Sie deutlich in Ihrem glücklichen Kreise, ich höre die Freude der Kinder; möchte doch die mir bewießene Güte auch auf die Kinder vererbt worden. Bringen Sie, theurer Großherzog, ihnen Allen meinen Weinachtsgruß!

Ein neues Portrait von mir in Steindruck ist bald fertig; ich werde mir die Freiheit nehmen das zu senden, damit Sie auch bei Winterszeit mich einigermaßen vor Augen haben können. Ich habe zw(e)i neue, vielleicht meine besten Mährchen vollendet, sie werden aber erst gedruckt, wenn ich eine Sammlung fertig habe.

Das königliche dänische Theater hat in diesem Sommer ein ganz neue Bühne bekommen; der erste Vorstellung war ein Schauspiel von Holberg, und vor diesem ein Prolog von mir; da hatte ich nun den Aerger das der Schauspieler, Professor Nielsen, der in der letzten Zeit an einen sehr schlechten Gedächtniß leidet, darin stecken blieb, sich verschnappte, und nicht weniger als dreizehn Strophen / ganz übersprang - welch ein Qval für einen Verfasser das anzuhören. Ich wurde beinahe krank dadurch.

Indem ich hier Holberg, unseren nordischen Moliére nenne, möchte ich ein in Stuttgard und Augsburg erschienene Werk, nemlig: Ludwig Holberg, sein Leben und seine Schriften nebst einer Auswahl seiner Komödien von Robert Prutz Ew: Konigl: Hoheit Aufmerksamkeit anempfelen. Es ist allerdings sehr anti-dänisch, was ich sehr bedaure, aber in der Hauptsache vortrefflich; man sieht daraus wie große Bedeutung Holberg in früheren Jahren, in Deutschland gehabt hat, und seine Einwirkung auf die deutsche Bühne; selbst Hagedorn singt:

"Wer nicht beim Holberg lacht

Kann beim Goldoni weinen." In dem Hamburger Repertoire von 1742 auf 1743 kommen von der Gesammtsumme von einhundert neunzig Vorstellungen, die im Lauf des Jahres stattfanden, vierundvierzig auf Holberg. das Ackermannsche Ehepaar, Eckhof, Schröder, solche Künstler, trugen und liebten Holberg; sonderbar ist es daß er nicht wie Moliere und Goldoni in sein früheres Recht wieder eingesetzt worden. Es würde der deutsche Bühne zur Ehre gereichen wenn ein Stück von ihm wieder aufgenommen wurde, es sollte mich freuen wenn die Weimarsche den Anfang machte.

Auf jeden Fall wird das Buch von Robert Prutz Sie, mein hoher theurer Herr, interessiren; leßn Sie wenigsten eine Komödie; es sind darin nur fümf bei Prutz, aber Holberg hat sechsmal so viele geschrieben; "Der politische Kann(e)gieser", "die Wochenstube", "der Mann, der kein(e) Zeit hat, " "Rasmus Montanus" "Jean de France" gehören zu die besten; in Kopenhagen werden sie noch alle Jahre gegeben und wieder gegeben, sie sind ins Volk hineingegangen, mehren Replicken sind jetz Sprich/wörter geworden.

Die hiesige Gesundheitszustand ist jetzt gut; die Cholera ist, Gott sey gelobt, jetzt vorüber, nicht aber in Schweden. Das Wetter ist schön, ungewöhnlich mild und warm, und ich vernehme schon die Sehnsucht der Zugvögel. Möchte das kommende Jahr Glück und Segen bringen! bewahren Sie, lieber hoher Herr mir die Güte, die mich so von Herzen glücklich und dankbar macht. Alle Freude und Segen über Sie und die Ihrigen! Ihr Konigl: Hoheits herzlich und

innig treuer H.C. Andersen.

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen