Dato: 12. januar 1858
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

135 Andersen an Carl Alexander

Kopenhagen 12 Januar 1858.

Theurer, lieber Großherzog!

Vom Lande, wo ich die Weinachtszeit und die ersten Tage des neuen Jahres zugebracht habe, zurückgekehrt finde ich Ihre Konigl: Hoheits lieben Brief und mehrere freundliche Grüße aus Deutschland. Unter diesen muß ich einen vorheben. Im Maxen, bei Dresden, begegnete ich im letzten Sommer einer jungen Dame, Tochter des jüngst verstorbenen Polizeipräsiden in Breslau; in einen Brief an sie habe ich, später, die Festlichkeiten in Weimar geschildert, unter Anderm erzählt was ich bei Abdeckung der Statuen von Goethe und Schiller gesehen, nähmlich wie ein weißer Schmetterling die Dichter-Heroen umflatterte, und als sei er mit sich selbst uneinig darüber, ob er den einen oder den anderen berühren solle, sich in die Luft schwang; nach diesem Momente hat die junge Dame eine Zeichnung für mich gemacht, mit einer Arabeske umgegeben in welcher viele Orten, die mir lieb sind, ihren Platz haben, vornehmlich das Schloß in Weimar, der alte Flügel und das neue Gebaude, / ferner das Crystalpalais bey London, Maxen wo die Familie Serre lebt, der von mir dort gepflanzte Baum &. &.

In der Weinachtszeit bin ich sehr productiv gewesen, ich habe nicht weniger als drey neue Mährchen geschrieben, eines von diesen: "der letzte Traum eines alten Eichenbaumes," ist wohl von meinen besten; eine andere, "die Nachtmütze eines Hagestolzen", hoffe ich will gefallen, die Sceneri ist in Eisenach und Kopenhagen.

Für das Volks-Theater schreibe ich auch jetzt ein Stück, leider keine dramatische Arbeit von die meinige sind noch auf der deutsch Bühne gebracht, mit Ausnahme von "Klein Karin", aber dies(e), wie Eur: Konigliche Hoheit wiss(en), ist nur ei(ne) Oper. - Die neue Mährchen klopfen immer an, und hoffentlich, im Frühjahr schon erscheint vielleicht ein neuer Band Mährchen, auch in Deutsch.

Die Sehnsuch nach Außen, das Streben gegen Süden fängt schon an bei mir, früher als je, wegen der schönen Witterung. Es ist als ob wir schon den März hätten; bei Weinachtszeit habe ich im Walde Veilchen gefunden.

Durch den Buchhändler Lorck in Leipzig, habe ich mir die Freiheit genommen ein neues Portrait von / mir an Ew: Konigl: Hoheit zu schicken; man findet es sehr gelungen; ich hoffe, gelegentlich auch Ihre Meinung, hoher lieber Herr, darüber zu erfahren.

Die Weinachtslitteratur in Dänemark, war diesmal sehr reich; zu dem bedeutendern Phänomenen darf ein Roman: "die Phantasten" gerechnet werden. Auf der Bühne ist zu bemerken: "der Favorit des Königs" von Hauch, zu Christian IVten Zeiten spielt es; Jerichau, der Bildhauer, arbeitet an ein(er) Büste von Christian VIII. Die Frederike Bremer lebt diesen Winter in Rom, gestern habe ich Brief erhalten, sie hat wieder eine neue größere Roman beendiget. Möglicher weise gehe ich nach Rom künftige Winter, ein mal noch muß ich das Heimaths Land "der Improvisator" wiedersehen; zwischen Rom und Danemark liegt mir heimathlich Weimar, und wenn im Frühling Alles blüht und singt, klingt es in mir: dahin! dahin!

Mit den innigsten Wünschen für Ihr Gesundheit und Ihr Glück mein innig geliebter edler Großherzog denke ich an Sie und Weimar. Ihre Koniglich Hoheit treu ergebener

H.C. Andersen

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen