Dato: 6. marts 1851
Fra: H.C. Andersen   Til: Carl Alexander
Sprog: tysk.

Kopenhagen 6 Marz 1851.

Mein theurer hoher Freund! Wir hatten schon Frühjahr hier in Danemark mit grünenden Feldern und strahlender Sonne, und ich war eben in Begriff mit - in Gedanken nämlich - mich unter Frieden und Sonnenschein auf eine Reise in die Welt heraus zu begeben - als es auf einmal wieder Winter wird, und zwar ein strengerer als wir ihn gewöhnlich in der Mitte des Winters haben; die eisbelegten Gewäßern verhindern jeden Reise-Gedanken; doch wir befinden uns schon im März-Monat, die Sonne wirkt kräftiger und die Knospen werden bald erscheinen - wenigstens jenseits der Elbe, wo sie immer acht Tage vor uns Inselbewohnern sind. Und dann, mein hoher edler Freund, werden Sie mit dem ersten Grünen sehen, wenn nicht mich selbst körperlich, so doch mein Ebenbild; ich freue mich darauf als ob ich es selbst wäre, denn Sie werden mich mit Ihrem liebenden Sinn noch herzlicher umfassen, und ich weiß, daß ich dessen nicht unwürdig bin, ich der ich Sie so lieb habe.

Ich habe gewiß früher erzählt, daß Professor Jerichau mein Portrait-Büste modelliren wollte. Diese ist nun fertig, eine höchst gelungene Arbeit, mit treffender Aehnlichkeit und lebendem Ausdruck. Er will nur 4 Abguße / nehmen und von diesen einen für ihn selbst und einen für mich. Eigentlich hat er diese Büste nur darum gemacht, um zwei edlen Leuten seine Ergebung zu bezeugen. So wie der Verfasser ein Exemplar seiner Dichtung zur Huldigung darbringt, so spricht er seinen Gruß und Danck in Thon aus. Diese Zwei sind: Ew Königl: Hoheit und Hr Carl Hambro in London. Hambro ist eine Däne; er hat zwei groß Bestellungen bei Jerichau gemacht; ein Basrelief und den vortrefflichen "Jäger". Jerichau hat mich gebeten zu fragen, ob E. Kön: Hoheit meine Büste empfangen wollten als ein geringes Zeichen seiner Dankbarkeit für die ihm und seiner Frau in Weimar bewiesenen Huld und Gnade. Ferner wünscht er Auskunft darüber, ob in Hamborg oder Lübeck Jemand sei, dem man die fernere Versendung nach Weimar mit Sicherheit anvertrauen könnte.

Es freut mich der Gedanke, daß Sie ein sichtbares Bild von mir haben, mein edler Herzog; man weiß nicht wie bald man scheiden muß in dieser Wellt. Zwar hoffe ich, daß wir uns schon in diesen Jahre sehen; aber die Zukunft ist unsicher, der Erdenball dreht sich und Alles mit ihm.

Glückliche, friedenstrahlende Tage habe ich in der letzten Zeit in Kopenhagen erlebt; unsre Soldaten / kamen zurück, geschmückt mit Grünen und mit Blumen als wenn der Frühling seinen Einzug hielt. Straßen und Häuser waren prächtig geschmückt, jeden Tag Festmahlzeit, jeden Abend Schauspiele für die Heimkehrenden. Die stille Bescheidenheit, die einfache Gutmüthigkeit dieser Leute rührte mich immer, wenn ich mit ihnen sprach. Nun sieht wieder Alles so friedlich und schön aus; die tiefen Furchen, welche die Kanonenkugeln gepflügt haben, werden mit Getraide bedeckt werden, die Menschen, die Brüder werden sich verständigen und sich die Hände reichen, die Vögel singen, die Dichter singen - ach möchte dies in vielen Jahren so sein.

Leben Sie so glücklich, mein edler Erbgroßherzog, wie ich aus vollem Herzen wünsche. Der edlen Gemahlin und den hohen Äeltern bitte ich meinen ehrerbietigsten Gruß zu bringen.

Den lieben Beaulieu, den ich, voriges Monath, geschrieben habe bitte ich zu grüßen. Und jetzt lebewohl. Ihr Konigl Hoheit treu ergebener

H.C. Andersen

N. S. Diesen Brief ist nicht Donnerstag abgegangen, denn eben da hatte ich einen großen Verlust. Eine theure Freundinn, die Professorinn Hartmann, die Gattinn des Komponisten Hartmann starb. Sie war hochbegabt, geistreich, liebevoll und ich kam beinahe jeden Tag da im Hause! - - daroben / in diesem Briefe habe ich geschrieben: "man weiß nicht wie bald man scheiden muß in dieser Welt". - und heute - dencken Sie theurer, lieber Freund, heute ist Ørsted auch gestorben. Dänemark hat einßenß großen Verlust! und ich - 30 Jahren habe ich ihm gekannt, geliebt - Alle, Alle sterben! Lebe wohl, theurer, innig geliebter Freund.

Kopenhagen 9 März 1851.

H.C. Andersen.

Tekst fra: Ivy York Möller-Christensen